Für die Frauenbeauftragte in Palma, Isabel Llinàs, hat die Diskussion gerade erst begonnen.

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Das Thema ist brennend heiß: Seitdem die spanische Regierung ihre Pläne zur Verschärfung des Abtreibungsgesetzes bekannt gegeben hat, ist ein Sturm der Entrüstung auch unter den Konservativen entbrannt. Kein Wunder, dass in der öffentlichen Diskussion immer öfter zwischen "persönlicher Meinung" und "offizieller Verlautbarung" differenziert wird.

Isabel Llinàs, Leiterin des "Institut Balear de la Dona" in Palma, wurde aufgrund ihrer Äußerungen von Abtreibungsgegnern wie dem "Instituto de Política Familiar de Baleares" (IPFB) oder "Derecho a Vivir" (DAV) sogar schon der Rücktritt nahegelegt. "Ich bin Vertreterin aller Frauen", betont sie im MM-Gespräch. "Ich habe meine persönlichen Überzeugungen, aber es geht in erster Linie darum, einen Konsens zu finden, der die Meinung der Mehrheit der spanischen Bürgerinnen und Bürger entspricht."

Die Reform des Abtreibungsgesetzes - von der Volkspartei (PP) im Wahlprogramm einst versprochen - ist eine Anlehnung an das Gesetz von 1985 und geht in seiner Schärfe sogar noch darüber hinaus. So sollen Abtreibungen künftig nur noch in Fällen von Vergewaltigung oder bei schweren gesundheitlichen Risiken für die Mutter zulässig sein.

Das seit 2010 in Spanien geltende Recht gestattet Frauen bisher eine Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche ohne Angabe von Gründen (nur Mädchen unter 16 Jahren brauchen eine Einverständniserklärung ihrer Eltern). Bei Missbildung des Fötus wie bei physischen/psychologischen Risiken für die Mutter darf ein Abbruch bis zur 22. Woche erfolgen.

Die aktuellen "Reformpläne" führten im ganzen Land und durch alle politischen Lager zu heftigen Protesten. Auch deshalb ist Isabel Llinàs nun vor allem bemüht, Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen. So räumt sie ein, dass auch das geltende Abtreibungsrecht durchaus verbesserungswürdig sei: "Mit 16 dürfen Jugendliche in Spanien keinen Alkohol trinken, nicht rauchen, sich kein Tattoo stechen lassen ohne Erlaubnis ihrer Eltern. Dass aber ein 16-jähriges Mädchen eine so tiefgreifende Lebensentscheidung wie eine Abtreibung allein treffen kann oder soll, halte ich - auch als Mutter einer Tochter - für nicht verantwortlich."

Ansonsten sei klar, dass ein Abbruch allein die Entscheidung der Frau bleiben müsse: "Schließlich geht es nicht um ein Eigenheim oder eine andere materielle Anschaffung." Dabei sei unerlässlich, so Isabel Llinàs, dass künftig - durch entsprechende Hilfsangebote - stärker als bislang sichergestellt sein müsse, dass sich keine Frau aus rein sozialen/finanziellen Gründen für einen Abbruch entscheide. "Aber das allein entscheidet natürlich nicht darüber, ob eine Frau auch emotional willens ist, ein Kind großzuziehen."

Joan Bestard Comas, Domkapitular der Kathedrale von Palma, sieht das anders: "Ich bin definitiv für das Leben", sagt der katholische Geistliche auf MM-Nachfrage. Abtreibung sei "kein Recht der Frau, sondern ein Drama für die Frau": "Deshalb ist der neue Gesetzesentwurf besser als das jetzige Gesetz." Hinzuzufügen sei indes, dass "der Staat Familien und schwangeren Frauen, die soziale oder wirtschaftliche Probleme haben, helfen muss." Dann sei auch der Einwand von Kritikern entkräftet, das neue Gesetz ermögliche künftig nur den Reichen, sich frei zu entscheiden.

Mit seiner Meinung steht Bestard ziemlich allein da: Selbst unter den PP-Wählern sind 68 Prozent der Ansicht, die Frau habe zu entscheiden. Während Mediziner wie der Gynäkologe José Luis Vidal aus Palma inzwischen beklagen, der Gesetzesentwurf stelle "die pränatale Diagnostik-Forschung der letzten 30 Jahre" infrage, gerät die Diskussion zunehmend zur Zerreißprobe auch innerhalb der PP: Sie spiele dem politischen Gegner, den Sozialisten, in die Hand. Isabel Llinàs indes sieht noch lange kein Ende der Debatte: "Ich rechne mit Entscheidungen erst in einem Jahr."

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