Die Werkstatt des begnadeten Schraubers ist derzeit voll von diesen alten Gefährten, die völlig ohne Elektronik auskommen und – wie Lladó sagt – „für die Ewigkeit gebaut wurden”. Ein alter Käfer aus dem Jahr 1962 wurde aufgebockt, davor steht ein weißer 70er-Jahre-„escarabajo” mit den berühmten Blinkern auf den Kotflügeln. Ins Auge stechen auch ein bläulich-metallicfarbenes Cabrio aus der gleichen Zeit mit – früher war das der letzte Schrei – großen runden Rücklichtern, und ein gelb-weißer, blankgewienerter Sixties-Bully – ein Modell, das man aus alten deutschen Schwarz-Weiß-Kriminalfilmen der Nachkriegszeit kennt. Draußen am Straßenrand befindet sich ein weiterer Hingucker, nämlich das ansprechende Exemplar eines 70er-Jahre-Campingbusses mit einem Hochdach, unter welchem man in freier Natur schlafen konnte.
Ja ja, VW ... Die Liebe von Jaime Lladó zu diesen blechernen Gesellen, die auf den Straßen nicht nur der Insel alle Blicke auf sich ziehen, ist so intensiv, dass er seine Werkstatt auch mit entsprechenden Accessoires veredelt hat: Die Frontpartie eines orangefarbenen Seventies-Bullys ziert die Durchreiche zu einem Raum für Ersatzteile. Rechts daneben wird auf einem großen Schild des „Volkswagen Vintage Club Baleares” – einem von derzeit zwei Käfer-Vereinen – auf Deutsch in Runenschrift für ein Treffen geworben. In Glasvitrinen stehen Dutzende Spielzeug-VWs in allen möglichen Größen, an denen sich Groß und Klein schon bis zum Exzess ergötzt haben dürften. „Was sind schon moderne Autos dagegen, die immer nur kaputtgehen”, ruft Jaime Lladó aus.
Der Käfer-Flüsterer von Mallorca lebt an der Arxiduc-Straße 95 sichtlich seine Berufung aus. Einst hatte er die 1963 von seinem Vater gegründete Werkstatt übernommen und Kontakte auch zu vielen Deutschen geknüpft. Für die VW-Liebhaber der Insel und die Fans von Gefährten anverwandter Marken ist der in einem gutbürgerlichen Wohnviertel gelegene „taller” der Anlaufpunkt. Als in Anwesenheit der MM-Emissäre ein Spanier in einem lindgrünen Porsche 356-Cabrio langsam hereinfährt, erstarrt der Autofreund fast vor Ehrfurcht. Jaime Lladó berührt das Dach zärtlich wie einen Frauen-Rücken und lächelt entrückt. Er verspricht dem Besitzer, das wertvolle Gefährt mit unersättlicher Hingabe auf Vordermann zu bringen.
Das Problem, mit dem er in der Werkstatt am häufigsten zu tun habe, sei der Rost, so der Schrauber. „Da muss immer mal wieder was ausgewechselt werden.” „An Ersatzteilen für diese Autos mangelt es nicht”, weiß Jaime Lladó. Sogar neue würden in Taiwan und China für diese alten Kisten hergestellt. „Deren Qualität ist aber nicht mit der der deutschen Alt-Teile zu vergleichen.”
Nicht nur das gut laufende Geschäft, sondern auch die vorweihnachtliche Nachricht, dass sämtliche VW-Werke in Deutschland vorerst erhalten bleiben, heitern das Gemüt des Tüftlers auf. Er nimmt einen Schraubenzieher in die Hand, lächelt und sagt „Adéu”.
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