Die etwa 12 Meter lange Segelyachten ist den Felsen gesunken. Eine Bergung ist nur bei Flaute und ohne Wellengang möglich. | Isaac Hernández Rubio

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Chronik eines angekündigten Untergangs: Bereits am 5. Dezember lief ein Segelboot in der Bucht von Alcúdia auf Grund, und doch hat bis heute niemand die Verantwortung übernommen. Zwei Wochen nach dem Vorfall treibt das Wrack noch immer in den Klippen, während die Frage nach der Haftung zwischen Behörden, Anwohnern und einem unauffindbaren Eigner hin- und hergeschoben wird.

Eine Anwohnerin schilderte gegenüber der MM-Schwesterzeitung Ultima Hora, wie sie selbst aktiv werden musste, um den Eigner ausfindig zu machen. „Die Rettungsdienste waren nicht in der Lage, den Eigentümer des Segelboots zu ermitteln, also habe ich über Fischer und Hafenarbeiter in Port Alcúdia und Pollença recherchiert und ihn gefunden“, erklärte sie. Doch der Einsatz führte nur zu neuer Ernüchterung.

Das gestrandete Boot vor dem Untergang an den Klippen

Der Mann, den sie als Verantwortlichen ausmachte, erschien zwar vor Ort, doch seine Versuche, das Boot zu bergen, verschlimmerten die Lage. Mit einem winzigen Beiboot und ohne geeignete Ausrüstung manövrierte er das Boot so unglücklich, dass es sich noch mehr zwischen zwei Felsen verkeilte. Da am nächsten Tag ein Sturm mit Windstärken von 55 Knoten bevorstand, warnte die Anwohnerin den Mann vor den drohenden Konsequenzen. Seine Antwort: Er werde später mit einem größeren Boot zurückkehren. Doch er kam nie wieder.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Lücken im System. Anstatt die Lage zu entschärfen, schieben Behörden die Verantwortung ab. „Ich bin enttäuscht, dass weder die Guardia Civil noch die lokale Polizei reagierten, obwohl das Meer an mehreren Tagen ruhig genug für eine Bergung war“, kritisierte die Nachbarin. Solche Fälle seien keine Seltenheit: Bereits vor drei Jahren blieben gestrandete Boote wochenlang unbeachtet.

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Dabei wäre die offiziele Identifizierung des Yachtbesitzers technisch durchaus möglich. Jedes Schiff besitzt eindeutige Kennzeichnungen wie die IMO- (International Maritime Organization) oder MMSI-Nummer (Maritime Mobile Service Identity), die weltweit registriert sind. Diese Nummern können in internationalen Datenbanken wie dem Schiffsregister oder speziellen Plattformen wie MarineTraffic und VesselFinder nachverfolgt werden, um Informationen über das Schiff und dessen Besitzer zu erhalten. Auch das Automatic Identification System (AIS), das Schiffe identifiziert und ihre Position übermittelt, bietet Ansatzpunkte. Allerdings erfordert die Nutzung solcher Daten oft eine behördliche Anfrage, insbesondere wenn diese Informationen in anderen Ländern gespeichert sind.

Hinzu kommen die Eintragungen im Flaggenstaat. Yachten sind meist in dem Land registriert, dessen Flagge sie führen. Nationale Schiffsregister enthalten in der Regel Angaben zum Eigner. Problematisch wird es, wenn Yachten aus Diskretionsgründen über Offshore-Gesellschaften in Staaten wie Malta oder den Cayman Islands registriert sind. Solche Konstrukte erschweren die Identifizierung erheblich, da die eigentlichen Eigentümer hinter Firmengeflechten verborgen bleiben. Im Fall der gestrandeten Yacht bei Pollenca ist dies aber eher unwahrscheinlich, da es sich um ein relativ kleines Segelboot von weniger als 12 Meter Länge handelte.

Ohne rechtliche Schritte oder eine Anzeige bleibt der Zugriff auf diese Informationen jedoch oft versperrt. Behörden wie Polizei, Zoll oder Interpol könnten bei berechtigtem Interesse Daten einfordern, beispielsweise bei Ermittlungen oder Klagen. Doch in der Praxis zeigt sich, dass solche Schritte selten von selbst eingeleitet werden.

Überreste der gestrandeten Yacht an den Klippen

Ein weiterer Kritikpunkt: Ohne Anzeige und behördliche Initiative passiert nichts. Die Polizei und Hafenbehörden schreiten meist erst ein, wenn es zu strafrechtlich relevanten Folgen kommt oder Dritte die Kostenübernahme einklagen. Dass es sich bei dem Strandungsort um ein gefährliches Klippengebiet handelt, wo Bergungsarbeiten bereits bei leichtem Wellengang lebensgefährlich sind, erklärt ebenfalls das geringe Interesse von seiten der Verwaltung.

Die Chronik dieser Tragödie spiegelt ein größeres Problem wider: die mangelnde Koordination zwischen Behörden und die Trägheit bei der Durchsetzung von Verantwortlichkeiten. Die Kosten der Bergung und die Verantwortung für die mögliche Umweltschäden durch auslaufenden Treibstoff oder Maschinenöl – sie bleiben wohl vorerst ungeklärt.