Einzelhändler und Gastronomen haben ihrem Unmut ein Symbol gegeben. Das Piktogramm eines ausrutschenden Menschen findet sich an den Eingangstüren von Läden, Bars und Restaurants. | Jaume Morey

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Um auszudrücken, dass ihnen gar nicht gefällt, was die Stadtverwaltung vorhat, haben sich die Demonstranten kürzlich etwas einfallen lassen. Sie lehnen sich gegen den Plan „Palma camina“, also „Palma geht zu Fuß“ auf. Die Protestler haben dem Leitspruch die Worte „hacia la ruina“ hinzugefügt, also „Palma marschiert in den Ruin“.

Doch damit nicht genug: Auf Plakaten haben die Demonstranten dem Slogan ein Symbol hinzugefügt, einen ausrutschenden Menschen. Dieses Piktogramm benutzen sonst nur Putzkräfte, um auf einen von ihnen gerade frisch gewischten und noch feuchten Boden hinzuweisen.

Der Aufschrei gegen „Palma camina“ kommt besonders von einer Gruppe: von 2000 Einzelhändlern und Gastronomen in Palmas Innenstadt. Sie betreiben Bekleidungs- und Schmuckgeschäfte, Einrichtungsläden, Bars, Restaurants. Ihre Hauptkritik zielt auf eine Maßnahme der Stadtverwaltung: Vom kommenden Jahr an dürfen nur noch Anwohner im Zentrum der Inselhauptstadt parken.

Gemeint ist jene Zone, die von den großen Ringstraßen, den Avenidas, umschlossen wird. Ausgenommen ist die Meerespromenade, die von der Hafenbehörde verwaltet wird. Die Demonstranten fürchten, dass die neue Regel Kunden abschrecken könnte, sich mit ihrem Auto auf den Weg in die Inselhauptstadt zu machen. Sie würden nicht mehr nah genug an Geschäften parken und nicht schnell einen Staubsauger ins Auto bringen können.

Das Rathaus seinerseits will mit dem Plan „Palma camina“ erreichen, dass die CO2-Emissionen in der Stadt bis 2023 deutlich sinken. Das ist Vorgabe der Zentral-Regierung in Madrid. Spanien hat sich wie knapp 200 weitere Länder dazu verpflichtet, einen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen zu leisten. In der Pflicht sind Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern.

„Palma camina“ umfasst insgesamt sieben Punkte, darunter sind neue Fahrradwege, die komplett autofreie Plaça Quadrado, veränderte Verkehrsführungen und die Ausweitung kostenpflichtiger Parkplätze in Wohnvierteln. Für diese Vorhaben sind im Haushalt des kommenden Jahres 16 Millionen Euro eingeplant. Die Neuerung, dass nur Anwohner im Zentrum parken dürfen, schlägt mit gut 900.000 Euro zu Buche.

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Dass trotzdem noch Auswärtige zum Shoppen oder Essengehen mit dem Auto nach Palma kommen können, ist aus Sicht des Bürgermeisters von Palma, José Hila, weiter möglich. Er weist darauf hin, dass es sieben unterirdische Parkhäuser in der betroffenen Zone in der Innenstadt gibt. Bei den Gebühren für diese Stellplätze will Hila Kunden von Geschäften Rabatte ermöglichen. Dass sie aber im Zentrum immer wieder Runden drehen, um einen Parkplatz zu suchen, soll mit der neuen Anwohnerparkregel der Vergangenheit angehören.

Hila argumentiert weiter, dass bereits zwei Drittel der Zone südlich der Avenidas verkehrsberuhigte Zonen seien. Nur Anlieger dürfen diese befahren und dort parken. „Das funktioniert gut und der restliche Teil darf weiter befahren werden.“ Die Stadt biete mit der kostenlosen Buslinie 2 eine Alternative zum eigenen Wagen. Sie zirkuliert durch das historische Zentrum und hält auch an der Plaça de España. Außerdem sollten mehr Mietfahrräder, „BiciPalma“, aufgestellt werden.

Für Helmut Clemens geht Hila generell einen falschen Weg. Der Deutsche ist Geschäftsführer der Restaurant-Marke „Es Rebost” und Vizepräsident der Gastrosektion von Pimem, dem Verband kleiner und mittelständischer Unternehmen auf Mallorca. Pimem ist Teil der Plattform „Recuperem Palma“, „Holen wir uns Palma zurück“. Diese ist mit dem Rathaus im Gespräch und möchte sich die neuen Regeln „nicht aufoktroyieren lassen“, wie Helmut Clemens sagt.

Der Rheinländer schlägt vor, dass nur Autos ins Zentrum fahren dürfen, die eine Umweltplakette haben. „In anderen spanischen Städten ist die Pflicht.“ Die städtischen Busse hingegen seien „Drecksschleudern“ und es sei viel zu gefährlich, Fahrrad zu fahren. Die Leihräder der Stadt seien überwiegend kaputt, stünden an falschen Orten und seien nur Stadtbewohnern vorbehalten. Wer trotzdem Rad fahre und die Avenidas benutze, werde von der Polizei angehalten, obwohl er richtig unterwegs sei. Clemens, selbst Radler, hat immer die Straßenverkehrsordnung ausgedruckt dabei.

Einer, der ebenfalls strikt gegen „Palma camina“ ist, heißt Pedro Mesquida. Ihm gehört das Bekleidungsgeschäft Xino’s in Palma, unweit der Plaça Cort. Seine Kunden reisten sogar aus dem Inselnorden wie Sa Pobla und Alcúdia an. Der 54-Jährige sagt: „Der Plan geht zu Lasten der Einzelhändler. Die Stadt kann nicht einfach Parkplätze streichen, ohne eine Alternative zu bieten.“ Es müssten mehr Busse und Züge eingesetzt werden. Das Netz sei nicht so gut wie in anderen spanischen Städten.

Einkaufszentren wie Porto Pi oder Fan an den Rändern der Innenstadt seien nach den Worten Mesquidas im Vorteil, weil Kunden dort die ersten beiden Stunden gratis parken könnten. Generell seien die Preise fürs Parken in Palma „die höchsten des Landes“. Pedro Mesquida berichtet, dass alle Geschäftsbetreiber an seiner Straße gegen „Palma camina“ seien.

Die Proteste von „Recuperem Palma“ haben Palmas Bürgermeister José Hila bisher nicht dazu veranlasst, die Pläne von „Palma camina“ abzuändern.