Hinter 1,80 Meter dicken Mauern lagert in den Kellern des denkmalgeschützten Gebäudes der Bodegas Suau kein Wein in bauchigen Eichenfässern. Dort reift in aller Ruhe der Brandy. Denn Suau ist eine Destillerie für Hochprozentiges in Pont d’Inca nahe Palma. Und doch hat das Traditionsunternehmen von 1851 mit Wein zu tun. Denn die feinen Spirituosen werden dort in der Gemeinde Marratxí auf Basis von Weintrauben gewonnen. Dabei kommt die Weißweinsorte Airén zum Einsatz.
Das Logo der Firma ziert ein Dampfschiff. Aus gutem Grund. Es ist die Abbildung des Bootes namens „El Mallorquin”, der Mallorquiner. Am Ruder dieses Schiffes stand einst Kapitän Juan Suau y Bennaser. Der gebürtige Insulaner schipperte im 19. Jahrhundert zwischen Mittelmeer und Atlantik hin und her. Und weil Juan ein geschäftstüchtiger Mann war, gründete er eines Tages auf Kuba eine Fabrik, begann dort den typischen Anisschnaps Anisado und natürlich Rum zu produzieren. Das war in den 1840er Jahren. Doch wie das Leben so spielt, verliebte sich Juan bei einem seiner Aufenthalte auf Mallorca eines schönen Tages in eine junge Mallorquinerin – ihres Zeichens Tochter eines befreundeten Likör- und Schnapsproduzenten. Also ließ Juan Suau Wellen, Meer und frische Brisen hinter sich, verkaufte das Schiff und ließ sich auf Mallorca nieder. Um 1851 sein Geschäft auf der Insel zu starten.
Aus der Karibik brachte er Kupferkessel und allerlei anderes Gerät mit, das noch heute in Teilen erhalten und wie Schätze aus früheren Zeiten im kleinen Museum der Bodegas Suau zu sehen ist. Die Ausstellungsstücke spiegeln die lange Zeit der Produktion alkoholischer Getränke anhand der unterschiedlichsten Objekte wider. Darunter sind Destillier-Kolben von anno dazumal, alte Werkzeuge aus der Kellerei sowie Flaschen mit vergilbten Etiketten, die längst der Vergangenheit angehören.
Juan Suau begann auch auf Mallorca zunächst damit, Anisado herzustellen. Er nannte ihn Anis La Paloma. Doch bald kam Brandy hinzu. Der Weinbrand aus dem Hause Suau gewann nach und nach erst auf Mallorca, dann spanienweit an Renommee. Heute gehören auch Gin, Rum und Orangenlikör zum Angebot. Doch das Vorzeigeprodukt ist der Brandy. Interessantes Detail: Der Brandy ist zu stolzen Preisen auch fassweise zu kaufen.
Brandy herzustellen, ist nichts für Ungeduldige und Eilige. Gut Ding braucht Weile. Und so existiert in der Brennerei ein geflügeltes Wort: „Tempus est amicus meus” – „Die Zeit ist mein Freund.” Vor allem ist die Zeit der Freund des guten Geschmacks. Denn je älter und reifer der Brandy, desto runder, vollmundiger wird er. Das klare Destillat aus Weintrauben lagert mehrere Jahre in Fässern aus Eichenholz, das dem Brandy seine Bernstein-Farbe verleiht und sein Aroma prägt.
Allerdings ruhen die Fässer nicht einfach nur in den Kellern bei konstanter Temperatur und gleichbleibender Luftfeuchtigkeit. Bis zum vollendeten Resultat ist auch eine Menge Know-how und Handwerks-zeug gefragt. Denn zum einen ist Holz porös. Und so verdunstet stets ein Teil des Fassinhalts. Zum anderen wird regelmäßig eine bestimmte Menge Brandy in Flaschen abgefüllt und verkauft. Das bedeutet: Die Fässer müssen wieder aufgefüllt werden. Denn die Reifung des Brandys beruht auf der regelmäßigen Vermischung der Brandys mit dem stets nächstjüngeren Jahrgang. Dabei kommt das Solera-Verfahren zum Tragen. Fässer unterschiedlicher Jahrgänge – und damit unterschiedlicher Reifegrade – lagern übereinander. Das Fass mit dem ältesten Destillat liegt am Boden (Solera = am Boden liegend), darüber befinden sich die sogenannten Criaderas. Ist die Reifung des ältesten Brandys abgeschlossen, wird ein Teil entnommen und der fehlende Teil aus dem darüber liegenden Fass nachgefüllt. So geht es weiter. Bis die letzte Criadera dann mit jungem Destillat, dem Rohbrand, ergänzt wird. Versteht sich, dass daher die Menge des Brandys, die pro Jahr verkauft wird, begrenzt ist. Die Bodegas Suau füllen jährlich rund 30.000 Flaschen ab.
Zu dem Unternehmen gehört auch der Club Suau. Die Mitglieder unterschiedlicher Nationalität sind allesamt ausgewiesene Brandy-Fans und haben ihr ganz persönliches Fässchen, ihr barrilito mit 32 Litern, dort im dämmrigen Gewölbe liegen. Dabei stehen Barricas mit 15, 32, 37, 40, sogar 100 Jahre altem Brandy zum Kauf. Letzteres schlägt mit stolzen 30.000 Euro zu Buche. Der Clou des erlesenen Clubs: Jedes Mitglied darf pro Jahr lediglich acht Flaschen von seinem Brandy abzapfen. Strenge Regeln! Die Zeit ist eben der Freund des Brandys. (lk)
In dem Unternehmen sind Besucher nach Voranmeldung willkommen.
Besichtigung des Museums und Verkostung inbegriffen. Auch spezielle Gourmet-Abende sollen demnächst wieder stattfinden.
www.bodegassuau.com
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