Tennisturnier in Santa Ponça als letzte Station vor Wimbledon
Marie Walketseder ist Managerin des Mallorca Country Clubs in Santa Ponça. Zwei Greenkeeper kümmern sich dort um sechs Rasenplätze und machen sie für das Tennis-Turnier der Männer, die Mallorca Championships, wimbledongerecht. | Patricia Lozano
Philipp SchulteSanta Ponça, Mallorca11.06.21 00:00
Marie Walketseder kniet sich hin und streicht mit ihrer rechten Hand über den Rasen. „Der wird noch kürzer”, sagt sie. „Ganz kurz.” Walketseder geht über einen Tennisplatz mit Grasbelag in Santa Ponsa. Die Mai-Sonne, die über ihrem Kopf steht, bescheint den Court unerbittlich. Doch der Rasen ist so grün wie eine Frühlingswiese in den Allgäuer Alpen. Die Tennisprofis, die nächste Woche gelbe Filzbälle über den Platz jagen werden, sollen perfekte Bedingungen vorfinden.
Mallorca: 28 Profis kämpfen um 250 Weltranglistenpunkte für den Sieger
Satzball, Matchball, Sieger-Interview: Vom 19. bis 26. Juni kämpfen auf der Anlage des Mallorca Country Clubs 28 Profis um 250 Weltranglistenpunkte. Hinzu kommen 16 Doppel-Paare. Eine Premiere – zum ersten Mal findet ein Turnier der Männer-Tour ATP auf Rasen auf Mallorca statt. Die Veranstaltung war vier Jahre lang, von 2016 bis 2019, ein Turnier der Frauen. Vergangenen Sommer hätten fast schon Männer aufgeschlagen. Doch die Mallorca Championships fielen coronabedingt aus.
Nun also dieses Jahr: Marie Walketseder ist die Vorfreude anzumerken, wenn sie zwischen den Plätzen schlendert. Sie ist die Managerin des Clubs. Die 30-Jährige lebt seit sechs Jahren auf Mallorca und stammt aus Salzburg in Österreich. Von der Dachterrasse des Clubheims, auf der sie gerade steht, sieht sie alle Plätze – und im Hintergrund den Berg Galatzó, 1027 Meter hoch.
Die Tennis-Anlage in Santa Ponsa wird für eine Million Euro umgebaut
Es muss noch rangeklotzt werden, Bagger fahren umher, Bauarbeiter schieben Schubkarren von A nach B. Die Anlage wird für eine Million Euro umgebaut. Es entsteht ein neuer Center-Court, der 3500 Zuschauern Platz bieten soll. Das ist Vorgabe der Spielervereinigung ATP. Für die vorherigen Frauen-Turniere reichten 2500. 1500 Tennis-Fans je Tag dürfen, Stand jetzt, während der Mallorca Championships auf die Anlage: Das sind Corona-Auflagen.
Doch der neue Center-Court ist nur ein Teil des Umbaus. Es entstehen zudem ein fünfter Sandplatz und ein Hartplatz. Der Club soll Profis auch nach den Championships anziehen. „Wir möchten, dass sie sich hier auf Turniere vorbereiten.” Der Hartplatz etwa erhält den selben Belag wie es ihn auch bei den Australian Open gibt. Und die Rasenplätze? Na klar – die sind wimbledongerecht.
Zwischen dem Ende des ATP-Turniers in Mallorca und dem Beginn des dritten Grand-Slam-Turniers des Jahres in London, den All England Lawn Tennis Championships, liegt nur ein Tag. Der Termin ist nicht gerade günstig, weil viele Spieler – besonders die Favoriten – eine Woche vor Wimbledon-Beginn nach Großbritannien reisen, um sich an den Regen, Pardon, die Umgebung zu gewöhnen. Roger Federer dürfte nicht nach Mallorca kommen, obwohl er eine Woche zuvor im westfälischen Halle antritt.
70 Männer-Turniere in 30 Ländern gibt es jedes Jahr
Das Turnier auf Mallorca ist ein Event der niedrigsten der vier Kategorien. 250 Weltranglistenpunkte erhält der Sieger. Weitere Stufen sind die 500er- und 1000er-Veranstaltungen. Bei Grand-Slam-Turnieren winken 2000 Punkte. Insgesamt gibt es etwa 70 Männer-Turniere in 30 Ländern jedes Jahr, von denen lediglich sieben auf Gras gespielt werden. Die Rasensaison dauert fünf Wochen, von Anfang Juni bis Mitte Juli.
Diese Zeit liegt Jan-Lennard Struff besonders. Er ist seit 2009 Tennisprofi und stammt aus dem westfälischen Warstein. Der 31-Jährige ist die Nummer 42 der Welt und verfügt über einen starken Aufschlag, mit dem er seine Gegner oft zur Verzweiflung bringt. Struff hat mehrere Halbfinals gespielt und vor ein paar Wochen in München auch ein Finale – aber ein Turniererfolg fehlt ihm.
Kann Jan-Lennard Struff als deutscher Starter das Turnier gewinnen?
Es überrascht nicht, dass Struff nun seine Zusage für Mallorca gegeben hat. Er wittert eine Chance, seinen ersten Titel bei diesem kleineren Turnier zu holen. Zudem dürften einige deutsche Zuschauer auf der Anlage sein.
Und was ist mit einem Lokalmatador? Mit Rafael Nadal, tritt er an? Edwin Weindorfer, dessen Event-Agentur das Turnier veranstaltet, sagt: „Er wird auf der Anlage trainieren.” Ob der Mann aus Manacor antritt, entscheide er in Absprache mit Onkel Toni Nadal, der als Turnierdirektor amtiert.
Wer fix zugesagt hat, ist die Nummer 56 der Tennis-Welt, der Australier Nick Kyrgios. Er gilt auf der Tour als Enfant terrible. Schiedsrichter, Gegner, Zuschauer beleidigen ist bei ihm normal. Er kassiert dafür Geldstrafen und Spielsperren, von denen er sich aber nicht aus dem Konzept bringen lässt. Er siegte schon gegen Federer, Nadal und Djokovic, Nummer eins der Welt.
Santa Ponsa: Es finden Night-Sessions statt
Die Rasenplätze in Santa Ponsa werden gerade bewässert – das tut gut bei 24 Grad. Spielen kann man noch nicht auf ihnen. Netze und Pfosten liegen noch im Keller des Clubs. Auch die Lampen der Flutlichtmasten sind nicht installiert. Das ist auch Premiere, nun eine weltweite: Zum ersten Mal finden Partien eines Rasen-Turniers abends – in einer Night-Session – statt. In Wimbledon ginge das nicht. Da wird der Rasen irgendwann zu feucht.
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