Kein Job, kein Geld: Immer mehr Familien auf Mallorca sind in der Corona-Pandemie auf Lebensmittelspenden angewiesen. Vom Staat ist meist nicht viel Unterstützung zu erwarten. Glücklicherweise schießen Hilfsinitiativen fast wie Pilze aus dem Boden. MM hat eine davon in Palma besucht.
Es riecht nach Gemüsebrühe, feuchter Dampf wabert durch die improvisierte Küche der Asociación Tardor in der Carrer de la Reina Constanza. Trotz der beengten Räumlichkeiten und der Hitze ist die Stimmung energiegeladen. An fünf Gasherden sind seit den frühen Morgenstunden ehrenamtliche Helfer aktiv, schnippeln, köcheln und brutzeln und scherzen. Die meisten von ihnen sind Gastronomieprofis, wie etwa Köchin Kelly Willerman.
Die Belgierin mit brasilianischen Wurzeln arbeitete vor der Pandemie im Grupotel an der Playa de Palma. Seit dreieinhalb Monaten kommt sie regelmäßig, um aus Lebensmittelspenden ein mehrgängiges Menü für Menschen in Not zu improvisieren. „Heute gibt es asiatischen Reis, Lamm mit Kartoffeln, Spanferkel, eine Minestrone und Pasta, alles wird sehr gesund und natürlich zubereitet“, sagt sie. Der Blick in die riesige Pfanne mit deftiger Hausmannskost macht Appetit.
Küchenhelfer Jan Miklas scheint überall gleichzeitig zu sein. „Ich bin hier das Mädchen für alles“, sagt der Slowake und lacht. Jahrelang war er in Deutschland und Österreich in der Gastronomie-Logistik tätig, bis er vor anderthalb Jahren nach Mallorca kam und in einer Pizzeria in Sa Ràpita arbeitete. Nun engagiert er sich mit vollem Einsatz für die Suppenküche, mal als Koch, mal als Salatschnippler. „Auch immer mehr Deutsche suchen übrigens hier Hilfe“, berichtet er.
Bis elf Uhr müssen die Menüs fertig sein, dann macht sich das Einpack-Team ans Werk und portioniert die Mahlzeiten in Plastikboxen zum Mitnehmen. Um Esstische aufzustellen, fehlt es an Platz. Alles in allem verlassen so jeden Tag etwa 1000 Menüs die Küche. „Vor Corona kamen nur rund 350 Personen am Tag. Jetzt stoßen wir allmählich an unsere Grenzen“, berichtet Organisatorin Caroline Senders, gelernte Physiotherapeutin in der Corona-Zwangspause und zurzeit eine von vier ehrenamtlichen Vollzeit-Koordinatoren der Hilfsinitiative, die sich durch Spenden von der Lebensmittelbank, der EU, der Regierung, von Unternehmen und Privatpersonen trägt.
Zu tun hat die gebürtige Argentinierin eine Menge. 50 Helfer müssen allein für die „Operación Kilo” koordiniert werden, sie holen gespendete Lebensmittel aus Supermärkten und Bäckereien in Palma ab. Neben der Küche betreibt die Asociación Tardor außerdem eine Lebensmittelausgabe. Viele holen sich dort morgens zunächst eine volle Tüte mit Essen und Hygieneartikeln ab und warten dann auf eine warme Mahlzeit aus der Küche. „Wir versorgen seit Corona deutlich mehr Familien als im vergangenen Jahr. Vielen ist das peinlich. Um nicht gesehen zu werden, warten sie im Auto, bis wir öffnen“, ergänzt Senders.
Dennoch wächst die Schlange vor dem kleinen Laden am Morgen schnell und unübersehbar. Die meisten der Anstehenden haben große Tüten oder Trolleys mitgebracht. „Wer zu uns kommt, wird in der Regel von einem Sozialdienst vermittelt“, erklärt Senders. Damit sichert man sich dagegen ab, dass die Hilfsangebote missbräuchlicherweise in Anspruch genommen werden.
Rentnerin Dora kommt jeden Freitag. „Das Geld reicht nicht, ich habe keinen Job, mein Mann nur eine geringe Rente. Wir sind sehr dankbar für die Hilfe“, erzählt sie und freut sich doppelt, als ihr als Weihnachtsgabe zusätzlich ein paar Spielzeugautos für ihre Enkel überreicht werden. Auch Yamairi holt einmal in der Woche Lebensmittel für ihre vierköpfige Familie ab. „Vor Corona wusste ich nicht einmal, dass es diese Initiative gibt. Der Sozialdienst hat mich hierhin geschickt“, sagt sie. Die Dominikanerin verlor durch die Pandemie ihren Job in der Gastronomie, hat derzeit keinerlei Einnahmen.
Das Besondere an der Asociación Tardor ist die Unterstützung durch professionelle Restaurantköche. Bekannte Küchenchefs wie Alfonso Robledo (Ses Coves, Bonanova) sowie etwa die deutschen Privatköche Caroline Fabian und Armin Wiedmann haben bereits ehrenamtlich mitgeholfen.
Besonders engagiert ist Küchen-Tausendsassa Koldo Royo. Der Baske kommt dreimal die Woche, nicht nur um den Kochlöffel zu schwingen, sondern vor allem auch, um das Räderwerk aus zahlreichen Helfern gut geölt am Laufen zu halten. „Die Planung ist schwer, weil frische Lebensmittel schnell verbraucht werden müssen, denn Kühlräume fehlen“, erklärt der ehemalige Besitzer eines Michelin-Stern-gekrönten Restaurants am Paseo Marítimo. Vor allem an Feiertagen ist es schwierig, den Einsatz der Freiwilligen zu koordinieren. „Aber auch wenn mal jemand verhindert ist, muss die Küche funktionieren. Wir versuchen daher, immer einen Personalüberschuss zu haben“, erklärt der Baske, der zu Beginn seiner Karriere auch in der Gefängnisküche von Palma kochte. Für den Januar rechnet er mit noch mehr hungrigen Palmesanern. „Unser Hilfssystem ist fragil wie ein Kartenhaus“, mahnt er. Wer zu seinem Erhalt beitragen will, kann dies schon mit minimalem Aufwand tun.
Über die Website https://www.teaming.net/centrodediaycomedorsocialtardor sind Monatsspenden von nur einem Euro möglich.
Hier können Sie helfen:
Asociación Tardor: Lebensmittelspenden in die Carer de la Reina Constanza 10, Palma. Spendenkonto: Caixa Bank, ES07 0133 0149 6441 0000 2865. Es gibt die Möglichkeit, über Ttaming.net 1 Euro pro Monat zu spenden.
Mallorca Sense Fam: Lebensmittel können am Dienstagnachmittag oder Mittwochmorgen in der Carrer Vinyet 9 Bajos in Palma abgegeben werden. Spendenkonto: Bankia: IBAN ES80 2038 9981 9760 0127 6596
Hope Mallorca: Lebensmittelspenden montags, mittwochs und freitags von 9.00 bis 9.30 Uhr in der Carrer Bernat i VidalTomas 72 in Santanyí. Andere Termine über info@hope-mallorca.org . Spendenkonto: Hope Mallorca e.V., Banco Cajamar Santanyí, IBAN ES96 3058 4516 4327 2000 8258, BIC: CCRIES2AXXX, CIF: ES G01977115
Lions Club Palma: Spendenkonto: Caixa, ES62 2100 4379 6302 0005 0026. BIC: CAIXESBBXXX
Rotary Club de Calvià Charity: Spendenkonto: Banca March, IBAN ES06 0061 0178 5200 1993 0114
Fundación Rafa Nadal: Der Tennisstar unterstützt die Lebensmittelbank. Spendenkonto: IBAN ES11 0081 7065 4400 0146 7748, BIC: BSABESBB
European Accounting: Das Steuerberaterbüro unterstützt die „Associació Tardor“ und die „Fundació Monti-Sion Solidària”. Spendenkonto: La Caixa, IBAN: ES04 2100 3793 6122 0038 9151, SWIFT: CAIXESBBXXX
Kölsche Kraat hilft e.V: Der Verein von „Unter uns”-Star Ramon Ademes sammelt Lebensmittel und Babybedarf und transportiert sie nach Mallorca. Spendenkonto: Volksbank Bonn Rhein-Sieg, IBAN: DE52380601867011837012, BIC/SWIFT CODE: GENODED1BRS, BLZ: 380 601 86
Barber Angels: Lebensmittelspenden montags 17 bis 20 Uhr, donnerstags 11 bis 13 Uhr, Passeig Maritim 40 A (Ice Rolls), Cala Bona oder bei Cut for Cut (deutscher Friseur), Av. Bon Temps 30 in Cala Millor. Spenden: PayPal Konto: info@barberangels.es
Santa Ponsa Food Bank: Lebensmittelspenden in die Calle de Hug de Mataplana 22 A, Spendenkonto: Santa Ponsa Community Church, IBAN : ES41 0049 5903 6927 9501 9755, BIC/SWIFT: BSCHESMM
4 Kommentare
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Sehr guter Artikel, allerdings scheint die Kontonummer der Organisation Mallorca Sense Fam nicht richtig / unvollständig zu sein. Bitte korrigieren...
Warum ist Sven helps Mallorca nicht aufgeführt? Ich habe dort auch schon gespendet. Ist das keine offiziele Hilfsorganisation? Die meisten spenden per Paypal auf Bikeking. Gerne unterstütze ich auch andere Organisationen, das ist meine Pflicht, in jeder Gesellschaft, auch als Ausländerin. Ich hoffe das manche Menschen, die vorher eher rassistisch eingestellt waren, sehen, das wir ALLE Menschen sind, egal was wir für einen Pass haben.
@Tscharlie Häusler. Die einen helfen, die anderen, wie Sie, spritzen nur Gift. Sowas egoistisches wie Sie, möchte man wirklich zu keiner Sekunde als Freund haben, denn dann wäre man verlassen.
Das Übel besser an der Wurzel packen! Der Hunger und die Not werden hier nur kurzfristig und begrenzt gemildert. Es bräuchte eine strategische Hilfe, wie: „TOP Psychiater auf Mallorca helfen unter Wahn leidenden Politikern“. So schaut’s doch aus, Herrschaften! Grüße gehen raus an den genialen Dr. Alfons Proebstl. Wer kennt ihn noch aus 2016? ;-))