Seit wenigen Tagen verfügen die Balearen über drei neue Meeresschutzgebiete. Bei der Umweltschutzorganisation Oceana hat man die Entscheidung mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, warnt aber vor Überschwang: "Es liegt noch viel Arbeit vor uns. Nur vier Prozent des Meeres, das die Balearen umgibt, haben diesen Status", so Marta Carreras, Meeresforscherin bei Oceana. "Internationale Verträge schreiben nämlich vor, dass mindestens zehn Prozent der Gewässer dieses Merkmal aufweisen sollten." Andere Meeresschutzorganisationen, wie der Naturschutzbund UICN, gehen noch weiter, fordern 20 bis 30 Prozent. Nur so könne man zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Aber was sind "zufriedenstellende Ergebnisse" in diesem Zusammenhang? Laut UICN das Gleichgewicht zwischen der Sicherstellung des Lebensraums der Meeresbewohner und der Nutzung der Ozeane durch den Menschen.
Die jüngsten Gebiete, die vom spanischen Umweltministerium unter Naturschutz gestellt wurden, sind die die beiden Unterwasserberge "Ausiàs March" und "Émile Baudot" zwischen Mallorca und Ibiza sowie das Korallenriff "Fort d'en Moreu", östlich des Nationalparks Cabrera. Der Erlass aus dem Ministerium ist seit wenigen Tagen wirksam. Rund 58.000 Hektar Balearengewässer sind nun Meeresschutzgebiet, gut 106.000 Hektar sogenanntes "Gemeinschftsgebiet von besonderer Wichtigkeit" und gut 51.000 Hektar Vogelschutzgebiet. Lebewesen an und unter der Wasseroberfläche sollen so vor der Schleppnetzfischerei geschützt werden, der Meeresgrund vor ankernden Booten.
Oceana kritisiert in diesem Zusammenhang die Ministerien in Madrid. Zwar nehme man es in vielen Gebieten ernst mit dem Schutz der Unterwasserwelt, allerdings gibt es lediglich für die Hälfte einen Plan mit konkreten Maßnahmen. Die andere Hälfte sei "der Ausbeutung durch den Menschen" nach wie vor schutzlos ausgesetzt. Besonders groß ist die Sorge um die sogenannte Magrana, eine rote Algenart, die sehr verletzlich ist und nur langsam nachwächst und die häufig der Schleppnetzfischerei zum Opfer fällt. Die Regierung, so Oceana, setze mit der Erklärung einiger Bereiche zum Wasserschutzgebiet lediglich eine europäische Richtlinie aus dem Jahr 2006 um. "Man tut so, als sei das ein Riesenerfolg, aber in Wirklichkeit gibt es nicht eine einzige Vorschrift, wie genau solche Vorhaben umgesetzt werden. Und während man in Madrid behauptet, es gebe nicht genügend Kartenmaterial, sehen wir immer wieder, wie Schleppfischer die Schutzgebiete durchfahren." All das, so Oceana, sei nicht nur ein Problem in Balearengewässern, sondern im gesamten Mittelmeerraum.
Aber was genau erhofft man sich bei der Meeresschutzorganisation? "Wenn es strikte Regeln gäbe, sodass keine Schleppnetzfischerei mehr in einem Meeresschutzgebiet stattfindet, dann würde sie auch keine Gefahr mehr für Korallenriffe und sonstige Lebewesen auf dem Meeresgrund darstellen." Ferner wären jedenfalls diese Bereiche vor der Überfischung geschützt. Vor allem Hechte, Barben, rote Garnelen und Hummer sind davon betroffen. Auf den gesamten Balearen sind zwar "nur" 50 Boote unterwegs, die Schleppnetzfischerei betreiben, ihr Fangvolumen sei aber wesentlich höher als das von "normalen" Fischerbooten.
Seit über acht Jahren erforscht Oceana den Lebensraum rund um die Unterwasserberge in Balearengewässern. Bereits seit drei Jahren fordert die Vereinigung, Unterwasserberge wie "Ausiàs March" und "Émile Baudot" unter Naturschutz zu stellen. Zumindest dieses Ziel hat man nun erreicht. Den Unterwasserberg "Ses Olives" hingegen wollte man in Madrid nicht in das Programm aufnehmen. Zu tief unter der Wasseroberfläche, so das Argument, würde er sich befinden. Bei Oceana ist man sauer: "Nur die Tatsache, dass es wegen der Tiefe keine rote Magrana gibt, heißt doch nicht, dass keine anderen fragilen Formen von Leben vorhanden sind."
(Den vollständigen Bericht des Themas der Woche lesen Sie in der jüngsten MM-Ausgabe, erhältlich am Kiosk auf Mallorca, sowie an den Bahnhöfen und Flughäfen in Deutschland; oder auf E-Paper.)
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