, 28. Juli – Mit Staunen und nicht ohne einen
Anflug von Neid verfolgt Mallorca Jahr für Jahr das Treiben auf der
kleinen Nachbarinsel Ibiza. Während Mallorca mit seinen
Partyzentren in Magaluf und an der Playa de Palma die
Touristenmassen anlockt, ist die Pitiuseninsel in Sachen
Exklusivität weit voraus. Zwar gibt es mit Sant Antoni de Portmany
und der Platja d'en Bossa auch dort klar auf den Massentourismus
ausgerichtete Orte, dennoch scheint der Wandel hin zum
Qualitätstourismus dort besser zu gelingen.
Von den Real-Madrid-Stars Mesut Özil und Cristiano Ronaldo, über
Ex-Fußballer Lothar Matthäus, Ernst August von Hannover, die
Duquesa de Alba, Giorgio Armani und Basketballer Pau Gasol bis hin
zu Spaniens Ex-Regierungschef José Maria Aznar und Milliardär Roman
Abramowitsch samt einer seiner Mega-Yachten reicht die Liste der
internationalen Prominenz, die sich in diesen Tagen auf Ibiza
blicken lässt. Im vergangenen Jahr machten Sängerin Shakira und
Fußballer Gerard Piqué ihre Liaison dort publik, als fast die
komplette spanische Fußball-Nationalmannschaft in den legendären
Beachclubs und Diskotheken der Insel den Weltmeistertitel feierte.
Musiker von Weltrang wie die Djs Carl Cox und David Guetta, Sänger
Usher und Rapper Snoop Dogg sind in diesem Sommer dort bereits
aufgetreten. "Einer der berühmtesten Orte der Welt ist heute Ibiza:
Weil die Insel eine so starke Marke ist, dass sie die schönen,
glamourösen und berühmten Leute anlockt - und all die anderen, die
diese Leute sehen wollen", sagte kürzlich in einem Interview
Ricardo Urgell. Er muss es wissen, gründete er doch 1973 die
Diskothek "Pacha" und ist darum untrennbar mit der
Erfolgsgeschichte der Insel verbunden.
Urgells Unternehmen veranschaulicht den Wandel, den Ibiza in den
vergangenen Jahrzehnten durchgemacht hat. Das "Pacha" gibt es
mittlerweile auf fast allen Kontinenten, in fast allen Weltstädten,
es gibt ein eigenes Modelabel, "Pacha"-Souvenirs und das Logo mit
den beiden Kirschen dürfte zu den bekanntesten Exportgütern
Spaniens gehören: Ricardo Urgell hat eine internationale Marke
geschaffen, die wiederum Teil der Marke "Ibiza" ist und damit
wesentlich das Image der Insel geprägt hat. "Ibiza ist eine starke
Marke", sagt auch José Miranda, Chefredakteur der Tageszeitung
"Ultima Hora Ibiza". Aufregendes Nachtleben, Exklusivität, hohe
Qualität - dafür stehe Ibiza. "Die Unternehmer auf der Insel haben
frühzeitig erkannt, dass sie etwas bieten müssen für das Geld. Nach
dem Motto: Du kannst teuer sein, aber das muss auch seine
Berechtigung haben." Die Zahl der Luxus-Hotels sei in den
vergangenen Jahren deutlich gestiegen. "Bei der Entwicklung zu
einer eigenständigen Marke war aber auch viel Zufall dabei."
Immobilienunternehmer Matthias Kühn, der die Entwicklung sowohl auf
Mallorca als auch auf Ibiza seit Jahrzehnten verfolgt, gerät ins
Schwärmen, wenn er von den Pitiusen spricht. "Ibiza hat fast das
Niveau von Orten wie Saint Tropez erreicht", sagt er. "Das
Nachtleben ist sensationell, Ibiza ist cool und lässig, die Leute
sind gut drauf - kein Wunder, dass das den internationalen Jetset
anlockt." Zumal auch noch Formentera in der Nähe sei, mit "den
besten Stränden und dem besten Meer der Balearen". Im Gegensatz zu
Ibiza sei Mallorca in vielen Ländern eben keine eigenständige
Marke. "Da hat Mallorca noch sehr viel Potenzial." Zumal im Ausland
zu sehr der Ballermann vermarktet werde. "Wenn Mallorca auch in der
Champions-League mitspielen will, dann muss sich hier einiges tun."
Tatsächlich ist das Ambiente auf Ibiza einzigartig - dieser
Eindruck drängt sich zwangsläufig auf, begibt man sich an einem
lauen Sommerabend nach Dalt Vila, in den historischen Teil von
Ibiza-Stadt. Während weite Teile Palmas um diese Uhrzeit längst wie
ausgestorben daliegen, geht in Dalt Vila gerade erst das Leben los:
Dutzende Restaurants locken Urlauber an, Bars, Cafés, bis in die
Morgenstunden geöffnete Geschäfte, Kleinkünstler, Kunsthandwerker -
und das alles vor der eindrucksvollen Kulisse der von der Unesco
zum Welterbe erklärten Altstadt. "Ibiza ist viel internationaler" -
ein Satz, der häufig fällt, wenn es um die Vorzüge der Insel geht.
"Hier trifft sich die ganze Welt", sagt etwa Antonio Berardelli.
Der gebürtige Züricher betreibt seit 17 Jahren einen Friseursalon
am Fuße von Dalt Vila und ist überzeugt, dass die vielen Hippies,
die sich in den 60er und 70er Jahren auf Ibiza niederließen, das
besondere Inselflair begründet haben. "Das hat sich bis heute
durchgezogen." Nur ein paar Schritte weiter betreibt der Franzose
André Quidu das Café "Croissant Show", das auf der Insel
mittlerweile als Institution gilt. "Eine wichtige Rolle spielt die
Größe der Insel", sagt er. "Sie ist genau richtig: Die Leute
treffen sich, stören sich aber nicht." Es gehe eben etwas
beschaulicher zu - wer will, kann seine Privatsphäre wahren.
Das ist gerade den prominenten Besuchern wichtig, wie der
deutsche Ex-Kicker Jochen Kientz bestätigt. "Fußballer führen das
ganze Jahr lang ein extrem diszipliniertes Leben. Da wollen sie
wenigstens im Urlaub das Nachtleben genießen, von schönen Menschen
umgeben, an einem Ort, der ein besonderes Flair hat." Auf Ibiza
könne sich jeder frei bewegen, ganz so, wie es ihm gefalle, ohne
dass irgendjemand daran Anstoß nehme.
Dass es beim Wettstreit zwischen den Urlaubszielen immer
wichtiger wird, ein klares Profil zu entwickeln, beteuert
Tourismusexperte Karl Born. "Man muss deutlich machen, wofür man
steht", sagt der Universitätsprofessor. "In wenigen Worten." Diese
Markenbildung lasse sich durchaus steuern, man müsse sich eben nur
fragen, was man in den Mittelpunkt stellt. "Man muss sich auf seine
Stärken und auf seine Einzigartigkeit konzentrieren." Mallorca
stehe hier gar nicht schlecht da, findet Born. "Auch Mallorca ist
eine positiv besetzte Marke". Selbst wenn der eine oder andere
Prominente doch die kleine Nachbarinsel bevorzugt.
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