14. Juli – "Nie wieder". Dieser Kommentar lässt
keine Fragen offen. Im Detail liest sich das dann so: "Der ältere
Herr an der Bar reihte sich in der Unfreundlichkeit ein. Es gab
niemals eine Begrüßung oder ein Lächeln, das Getränk wurde am
inneren Rand der Theke eingeschüttet, dann konnte man seinen Arm
ausstrecken und sich das Getränk nehmen, ohne Kommentar (...) Am
freundlichsten war die Reinigungsfrau für unsere Zimmer."
Unwahrscheinlich, dass dieser Gast seinen Aufenthalt in dem Hotel
wiederholen wird. Bewertungen wie diese - gelesen auf
www.holidaycheck.de - können einem Hotel richtig wehtun:
"Unmittelbar nach einem solch negativen Eintrag in einem
Bewertungsportal können die Buchungszahlen eines Tages um 50
Prozent zurückgehen", sagt ein Hotelmanager auf Mallorca.
Natürlich kann es sich bei dem Kritiker um einen Pedanten
handeln, ebenso gut aber auch um einen Menschenfreund, der anderen
Urlaubern Ärger ersparen möchte. "Wir nehmen diese Urteile ernst,
einmal pro Woche kontrolliere ich die Kommentare und versuche auch,
mich mit den Kritikern in Verbindung zu setzen", sagt der
Hoteldirektor des oben kritisierten Hotels im Südwesten der Insel,
der im Artikel nicht erwähnt werden möchte.
Der Mann tut gut daran, die Einträge ernst zu nehmen. Eine
Reisetrendstudie von Expedia.de, Europas Marktführer unter den
Reiseportalen (Gesamtbuchungsumsatz 2008: 21'2 Milliarden Dollar):
"Laut einer GfK-Studie sind für 89 Prozent der Deutschen
Empfehlungen von Freunden, Bekannten und Bewertungen Dritter ein
zentrales Entscheidungskriterium bei der Urlaubsbuchung."
Wer sich Hotelbewertungen anschaut, reist auch gerne. Die
naheliegende Kombination aus Bewerten und Buchen findet sich unter
den Großen der Branche ständig. Expedia.de kooperiert zum Beispiel
mit dem weltweiten Bewertungsportal tripadavisor.com, die Seite
hotelbewertung.de leitet bei Buchungswünschen auf
www.nix-wie-weg-reisen.de weiter. In Spanien gehört die Seite
trivago.es zu den beliebtesten Preisvergleichsportalen, bei denen
auch Bewertungen abgegeben werden.
Der Marktführer unter den deutschsprachigen Bewertungsportalen
heißt Holidaycheck. Schweizer Studenten hatten die Seite 2003 als
Empfehlungsplattform für Hotelreisende gestartet. Innerhalb von
vier Jahren wurde sie zur größten Hotelbewertungs-Community im
deutschsprachigen Raum, so dass die Tomorrow Focus AG, ein
Unternehmen der Burda Mediengruppe, 2006 für insgesamt 82'1
Millionen Euro mehr als 93 Prozent der Anteile erwarb. Mittlerweile
ist daraus ein Online-Reisebüro mit 225 Mitarbeitern und nach
eigenen Angaben sechs Millionen unabhängigen Meinungen geworden.
Dort sitzen echte Profis in Sachen Bewertungs-Bewertung.
"Es kommt nach unserer Erfahrung extrem selten vor, dass
Hoteliers ihre Konkurrenz schlecht bewerten. Je mehr Bewertungen zu
einem Hotel hereinkommen, umso marginaler wird jede
Negativbewertung", erklärt Claudius Marefi von der
Marketingabteilung. Die Holidaychecker verweisen stolz auf
insgesamt fast fünf Millionen Bewertungen, Bilder und Videos.
Wehren kann sich übrigens kein Hotel dagegen, dass es bewertet
wird. "Wir bieten jedes Hotel an, das wir kennen, das sind zurzeit
220.000", so Marefi. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass
niemand dafür bezahlen muss, um auf der Seite Erwähnung zu
finden.
Kritik gibt es immer wieder an der Echtheit der Kommentare. "So
schummeln Hotels in Bewertungsportalen", titelte diese Woche ein
deutsches Boulevardblatt. Genannt wurde der Fall eines
südenglischen Hotels, das seinen Gästen Briefe mit der Bitte
geschickt haben soll, "positive Bewertungen" abzugeben. "Es gibt
Fälle, wo es sozusagen Incentives für Hotelgäste gibt, also nach
dem Motto: Schreib was Gutes über mich, dann gibt es auch ein
Geschenk", bestätigt Ingmar Eschli von nix-wie-weg.de, die mit
hotelbewertung.de kooperieren. So etwas können die Portale nicht
kontrollieren, wohl aber, ob der "Kommentator" das Hotel überhaupt
von innen gesehen hat.
Buchungsportale wie booking.com schicken ihren Kunden eine
E-Mail, mit der Aufforderung, eine Bewertung abzugeben. Damit
garantieren sie, dass auch nur solche Kunden Bewertungen abgeben,
die tatsächlich im Hotel waren. "Bei Expedia.de kann man
ausschließlich Hotels bewerten, die man nachweislich innerhalb der
letzten sechs Monate gebucht hat. Der Nachweis erfolgt über die
Buchungsnummer", sagt Christian Nowak, Deutschland-Chef von
Expedia.de.
Egal ob manipulierte Negativ- oder Positivbewertung: Die Frage
ist auch, wie viele Gäste der Hotelmanager bestechen muss, um eine
Wirkung zu erzielen. Vielleicht ist es da günstiger, Beschwerden
ernst zu nehmen und Fehler zu beheben. Freundlichkeit beim Personal
ist manchmal ohne viel Aufwand zu erzeugen.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.