, 29. Juni – Diese Karriere würde ich keinem mehr
empfehlen”, meint Fritz Pleitgen und schmunzelt. Jahrzehntelang
versorgte der heute 73 Jahre alte Journalist die deutschen
TV-Zuschauer mit Informationen aus aller Welt, hatte verschiedene
Führungsfunktionen inne. Und das alles ohne Studium. „Ich habe noch
nicht mal Abitur.” Ein Jahr vor der Reifeprüfung schmiss Pleitgen
die Schule. „Dort war man auch der Meinung, dass wir nicht mehr so
zusammenpassen. Wir hatten uns auseinandergelebt ...”
Gerade verbrachte Pleitgen zwei Wochen auf Mallorca. In einer
Finca bei Costa dels Pins hatte er die Familie zusammengerufen.
Pleitgen und Frau, vier Kinder samt Lebensgefährten, drei
Enkelkinder. Ein gemeinsamer Urlaub, der Tradition werden soll.
Damit die Familienbande trotz verschiedener Wohnorte eng
bleiben.
Urlaub auf Mallorca, aber das Laptop war immer dabei. Fritz
Pleitgen wollte sich vorbereiten auf kommende Aufgaben. Er ist in
verschiedenen Ehrenämtern aktiv, unter anderem neuer Präsident der
Deutschen Krebshilfe. Und wenn er was anpackt, dann macht er es
richtig. „Ich bin nicht in der Exekutive, werde aber jetzt an einer
Reihe von Ausschusssitzungen teilnehmen. Wenn man für etwas werben
möchte, dann muss man auch wissen, wofür. Ich will nicht nur meinen
Namen geben.”
Den größten Teil des Lebens von Fritz Pleitgen bestimmte der
Journalismus. Er war für die ARD in Moskau, Ost-Berlin, Washington,
New York, WDR-Chefredakteur, WDR-Hörfunkdirektor und von 1995 bis
2006 WDR-Intendant. Ab 2007 bis Ende vergangenen Jahres leitete er
als Geschäftsführer die „Ruhr 2010”, die das Kulturhauptstadtjahr
Ruhr organisiert hat. Sein erster nicht-journalistischer Hauptjob.
Und das soll auch ein Schlussstrich unter die Karriere als
Journalist gewesen sein.
Filme, die er eigentlich mal geplant hatte, will Fritz Pleitgen
nicht mehr machen. „Ich bin jetzt vier Jahre draußen gewesen.
Dieses Kapitel ist abgeschlossen. Vielleicht werde ich noch das
eine oder andere Buch schreiben, das mit meiner Laufbahn zu tun
hat.” Eines soll zum 25. Jahrestag des Mauerfalls entstehen. „Ich
will nachschauen, was sich seitdem verändert hat.” Den Fall der
Mauer journalistisch begleitet zu haben, zählt Pleitgen zu den
wichtigsten Ereignissen seines Lebens. „Jedes Mal wenn ich nach
Berlin zurückkehre, ist es für mich ein großes emotionales
Erlebnis.”
Wie bereits erwähnt, war Pleitgen 2010 Chef der Kulturhauptstadt
Ruhrgebiet. Es gab eine Initiative, die das Ziel hatte, dass die
Balearen sich um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt 2016
bewerben sollen. Das Projekt ist jedoch gescheitert, weil Behörden
und Institutionen nicht dahinter standen. Pleitgen hält das für
eine verpasste Chance. „Eine Kulturhauptstadt bringt den
Veranstaltern eine Menge. Mallorca hat das Image, eine Urlaubsinsel
zu sein. Wenn man rübergebracht hätte, wie viel Kultur es hier
gibt, das wäre eine tolle Werbung für Mallorca gewesen. Ich hätte
dringend empfohlen, das zu machen. Kulturhauptstadt ist ein
Standortfaktor, ein sozialer Faktor, ein Wirtschaftsfaktor. Und bei
den ganzen Künstlern, die hier waren und hier sind ... die hätten
ihre Ateliers öffnen können und sich etwas einfallen lassen.”
Pleitgen glaubt, dass das Jahr dem Ruhrgebiet einiges gebracht
hat. Es seien diverse Projekte entstanden, die auch nachhaltig
weiterwirken werden. „Das Entscheidende war, dass die Menschen
begriffen haben, dass das Ruhrgebiet ein Kulturraum ist. Bisher
haben 53 Städte nebeneinander hergelebt. Man hat nun gelernt, dass
Kooperation viel bewegt.” Auch das Außenbild der Region sei positiv
beeinflusst worden.
Verbunden mit dem Jahr der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet ist auch
die tödlich geendete Loveparade in Duisburg, die sich am 24. Juli
zum ersten Mal jährt. „Die Tragödie hat der Kulturhauptstadt nicht
geschadet. Aber sie liegt wie ein Schatten auf uns. Da sind 21
junge Menschen ums Leben gekommen, aufgrund von
Fahrlässigkeiten.”
Pleitgen hat viel darüber nachgedacht, ob und wie man die
Katastrophe hätte verhindern können. „Es war auch ein Versagen des
Journalismus. Die Journalisten wären berufen gewesen, nachzufragen.
Aber die einzigen kritischen Anmerkungen gab es im Netz. Das haben
wir erst später erfahren.”
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