, 12. Mai – Das Wetter bietet sich immer an – zu
heiß, zu kalt –, die Arbeit ebenfalls – zu viel, zu wenig –, und
über Krankheiten wollen wir gar nicht erst reden. Jammern – der
Deutschen liebster Zeitvertreib, behaupten böse Zungen. Zwei
Hamburger Psychologen haben dem Phänomen nun gleich ein ganzes Buch
gewidmet: „Deutschland, einig Jammerland”.
Darin versuchen sie nicht nur zu ergründen, warum wir eine so
ausgeprägte Neigung zum Beschweren – und darin steckt das Wort
„schwer”, heißt: Wir machen es uns und anderen schwer! – haben,
sondern auch: Was es uns womöglich bringt.
Liegt doch auf der Hand. Erstens: Uns gehen nie die
Gesprächsthemen aus. Ob die so geartete Konversation auch als
angenehm empfunden wird, sei jetzt mal dahingestellt. Hauptsache:
Quatschen. Zweitens: Wird lange genug genölt, setzt irgendwann die
nötige Veränderung ein (sagen die Psychologen).
Das kann aber dauern. Drittens, und das ist vielleicht der
größte Gewinn beim Jammern: Nicht ich – der „Andere” soll was
ändern. Petrus meinetwegen, der Chef oder auch der Zahnarzt.
Hauptsache: Ich nicht.
Jammern soll also in erster Linie andere dazu bewegen, sich
selbst oder etwas (das Auto zum Beispiel) zu bewegen. Dass gerade
das auf Mallorca wenig hilft, wenn einem was nicht passt, ist eine
gängige Schnell-Lektion, die Inselneulinge – auch und gerade aus
Deutschland – als Erstes hier verpasst kriegen.
Nehmen wir den „Street-Talk” zweier Autofahrer, die sich bei
hinuntergekurbelten Fenstern unterhalten und dabei die Straße
blockieren. Die sich bildende Schlange hinter ihnen wagt ja nicht
mal zu hupen – was sollte da erst Jammern helfen?
Ebenso bei Schlangen im Supermarkt: Das Jammern – wahlweise:
mehr oder weniger laut nölen und nach zweiter Kasse fragen –
gewöhnen sich deutsche Residenten auf Mallorca schnell ab – auch
darin unterscheiden sie sich von alltagsunerprobten Touristen.
Statt jammern sich in „mediterraner Gelassenheit” üben: Das
bezeichnen viele Mallorca-Deutsche denn auch als eine ihrer
wichtigsten Inselerfahrungen.
Laut „Europabarometer” 2009 sollen die Deutschen die größten
Pessimisten Europas sein. Obwohl sie wirtschaftlich besser dastehen
als viele andere EU-Länder, plagen sie größere Ängste vor
Arbeitslosigkeit und anderen Krisen. Wer weiß: Vielleicht steckt ja
die irrationale Hoffnung dahinter: Wenn ich vorsorglich schon mal
jammere, bleibe ich vielleicht verschont. Oder wie Peter Ustinov so
schön sagte: „Ein Optimist weiß genau, wie traurig die Welt sein
kann, während es der Pessimist allmorgendlich neu
herausfindet.”
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