, 14. April – Schon viermal hat Box-Weltmeister
Wladimir Klitschko ein Trainingslager in Camp de Mar absolviert. Im
Dorint-Hotel fühlt sich der 35-Jährige wie zu Hause. Am Wochenende
war er wieder da. Allerdings nur einen Tag. Anlass war eine
Golfrunde in Camp de Mar - mit dem ukrainischen Geschäftsmann
Valeriy Varenitsa und Stefan Blöcher, Manager von Golf de
Andratx.
"Bei einer Wohltätigkeitsgala am 1. November in Kiew hat Valeriy
die Reise nach Mallorca inklusive der Golfrunde mit mir ersteigert.
Deswegen bin ich hier", so Wladimir Klitschko im Gespräch mit dem
Mallorca Magazin. Was genau Varenitsa das einmalige Erlebnis
wert war, darüber hüllt sich Klitschko in Schweigen. Nur so viel:
"Er hat sehr viel Geld ausgegeben." Wie MM erfuhr, soll es
sich um 100.000 Euro gehandelt haben - die wohl teuerste Golfrunde,
die jemals auf Mallorca gespielt wurde.
Die Summe ist in die Arbeit der Klitschko-Stiftung geflossen.
Wladimir und sein großer Bruder Vitali unterstützen in ihrer
ukrainischen Heimat Projekte, die mit Sport und Bildung,
beziehungsweise Ausbildung zusammenhängen. "Wir bauen auch
Spielplätze. Bisher waren es 80, in diesem Jahr sollen es 100
werden."
Das Leben der Klitschkos hat viele Facetten. Sport, Charity,
Politik, Promi-Dasein und so weiter. In diesen Tagen und in den
kommenden Wochen liegt Wladimir ein aktuelles Projekt besonders am
Herzen. In Berlin wurde Ende vergangener Woche der Film "Klitschko"
präsentiert. Die 110 Minuten lange Dokumentation wird ab dem 16.
Juni in den deutschen Kinos zu sehen sein.
Am 24. April stellen die Brüder den Film im Rahmen des
renommierten Tribeca-Filmfestivals in New York vor. Die Idee für
eine Klitschko-Doku gab es schon seit einer geraumen Zeit. "Wir
haben sehr lange daran gearbeitet, den richtigen Regisseur zu
finden." Die Wahl fiel auf Sebastian Dehnhardt, der unter anderem
schon biografische Filme über Franz Josef Strauß und Heinz Rühmann
gemacht hat. Zweieinhalb Jahre lang war die Kamera der Begleiter
der Klitschkos, dazu kommt Archivmaterial aus jungen Jahren, das
die Brüder zum Teil selber nicht kannten.
Zum ersten Mal ins Licht der Öffentlichkeit treten die Eltern
der Box-Weltmeister. Und es wird erstmals zum Thema gemacht, wie
die Atom-Katastrophe von Tschernobyl das Leben der Familie
beeinflusst hat, die damals, 1986, im nur 100 Kilometer entfernten
Kiew lebte. Vater Wladimir war als Offizier im
Katastrophen-Einsatz. Später erkrankte er an Krebs. Gut möglich,
das Tschernobyl daran schuld gewesen ist.
"Er war dafür zuständig, dass die Hubschrauber flogen und ist
auch näher drangewesen", so Wladimir, der sich noch genau an den
Tag des Super-GAUs erinnert. "Unser Vater kam heim und sagte, dass
wir nicht aus dem Haus gehen sollten, dass etwas ganz Schlimmes
passiert ist. Erst vier Tage später wurde die Nachricht bekannt."
Während Wladimir, damals neun, dann mit der Schulklasse vier Monate
am Asow-schen Meer verbrachte, blieb der 14-jährige Vitali in Kiew
und musste trotz einer möglichen Gefährdung unter anderem zur
1.-Mai-Demonstration auf die Straße. Das Sowjet-System war noch
nicht zusammengebrochen. "Keiner wollte demonstrieren, die
Regierung hat darauf bestanden. Man hätte das unbedingt absagen
müssen."
Ob er und Vitali auch persönlich von radioaktiver Strahlung
betroffen waren, weiß Wladimir nicht. "Ich hoffe, dass wir nichts
abbekommen haben. Aber ein bisschen wohl schon." So sind zum
Beispiel die Reifen der Autos, die zwischen Tschernobyl und Kiew
pendelten, mit Wasser abgewaschen worden. Es bildeten sich große
Pfützen. "Darauf habe ich noch mit Papierschiffchen gespielt
..."
Wer so etwas erlebt hat, sieht die aktuelle Situation in Japan
aus einem besonderen Blickwinkel. "Ja, man kann sich genau
vorstellen, was die Menschen in Fukushima durchmachen. Das Problem
an Radioaktivität ist, dass man nicht bemerkt, wann sie da ist. Sie
hat keine Farbe, strahlt keine Temperatur aus, man fühlt es nicht,
man weiß es nicht."
Damals in Tschernobyl mussten Tausende alles zurücklassen, was
sie besessen hatten. "Aber wie die Menschen nun mal sind, haben
andere die Sachen genommen, verkauft, weitergegeben. Pelzmantel,
Rolex-Uhr, Brille", meint Wladimir und will darauf hinaus, dass
Tschernobyl ebenso wenig als regionales Schicksal eingestuft werden
darf wie Fukushima. "Alles, was aus Japan kommt, kann ein Problem
sein. Ein Schiff, ein Teller, Fisch. Das ist eine weltweite
Angelegenheit."
Doch die Konfrontation der Klitschkos mit dem Atom ist nur ein
Aspekt des Dokumentarfilms über die Brüder. Der sollte eigentlich
180 Minuten lang werden, jetzt sind es "nur" 110 Minuten, und der
Streifen ist noch nicht endgültig geschnitten. Befragt nach der
Motivation, der Öffentlichkeit einen so großen Einblick in Privates
zu geben, meint Wladimir Klitschko: "Natürlich gibt es Dinge, die
bleiben privat. Die Kamera hat uns nicht auf die Toilette
begleitet. Aber wir stehen in der Öffentlichkeit und wir haben
viele Fans, die sich nun mal für gewisse Dinge interessieren."
2005 , 2006, 2007 und 2008 war Wladimir Klitschko jeweils
mehrere Wochen in Camp de Mar, um zu trainieren. Im Dorint hatte
man stets einen Konferenzraum zum Gym umgestaltet, Box-Ring
inklusive. Seit 2008 gab es kein Box-Camp mehr im Hotel, Wladimir
stimmt sich bevorzugt im österreichischen Kitzbühel auf seine
Kämpfe ein. "Das stimmt. Ich schließe aber nicht aus, dass ich auch
mal wieder hier trainieren werde."
Seinen nächsten Kampf bestreitet Klitschko am 25. Juni oder am
2. Juli gegen David Haye. Hat Mallorca Chancen, diesmal Standort
des Trainingslagers zu werden? "Nein, ich werde mich in Kitzbühel
vorbereiten."
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