, 17. März – An der Türkei führte einfach kein
Weg vorbei: Das Land am Bosporus besetzte so gut wie alle
Plakatwände an den Straßen rund um das Berliner Messegelände, in
dem am Sonntag die Internationale Tourismusmesse (ITB) zu Ende
gegangen ist. Das Werbebudget des türkischen Fremdenverkehrsvereins
ist offenbar schier unerschöpflich, andere Urlaubsdestinationen
kamen dagegen außerhalb ihrer Messehallen und -stände schlichtweg
nicht vor. Was mancher Touristiker durchaus kritisch sieht: Peter
Frankhauser, Vorstand von Thomas Cook, mahnte in einer
Pressekonferenz in der Balearenhalle: „Mallorca und die anderen
Inseln stehen in direkter Konkurrenz zu Destinationen, die über
große Marketingbudgets verfügen.” Jeder Euro für Werbung, der heute
eingespart werde, verringere die Chance, in Zukunft mehr
einzunehmen.
Zusammen mit Spanien und vor allem auch Mallorca gehört die
Türkei zu den großen ökonomischen Gewinnern der politischen Krise
in Nordafrika: Hier wie dort haben die Reiseveranstalter in den
vergangenen Wochen einen regelrechten Nachfrageboom registriert.
Von „historischen” Zahlen war auf der ITB angesichts von
Buchungszuwächsen von bis zu 50 Prozent (vergl. MM 10/ 2011)
die Rede. Mit entsprechend glücklichen Gesichtern rannten die
Vertreter der verschiedenen Insel-Behörden, Institutionen und
Unternehmen während der Messe-tage von Treffen zu Veranstaltung zu
Event.
Ein bislang konstatiertes Buchungsplus von 25 und mehr Prozent,
das alle deutschen Reiseveranstalter meldeten, werde sich im Laufe
des Jahres sicher noch abschwächen, waren sich alle Experten vor
Ort einig. Aber immerhin rechnet der balearische Ministerpräsident
Francesc Antich nach eigenen Worten für 2011 mit insgesamt „rund
einer Million mehr Urlauber” als 2010 – das entspräche dann etwa
einem Zuwachs von zehn Prozent. Und wäre seiner Einschätzung nach
Impuls genug, um sich außerordentlich positiv auf den Arbeitsmarkt
und das Bruttoinlandsprodukt auszuwirken: Er erwarte für die
kommende Saison die Schaffung von 10.000 Arbeitsplätzen im
Tourismus. Nicht nur für diese Branche, auch für die regierenden
Politiker sind diese unvorhergesehenen Entwicklungen also ein
Geschenk des Himmels: Die wirtschaftliche Situation der
Inselbevölkerung könnte sich direkt auf das Ergebnis der Wahlen im
kommenden Mai auswirken.
Die Verhandlungssituation der mallorquinischen Hoteliers ist in
diesem Jahr so gut wie schon lange nicht mehr: Alle
Reiseveranstalter buhlen um weitere Kapazitäten in sicheren
Standorten, um das verlorene Geschäft in Ägypten und Tunesien
ausgleichen zu können. Bereits fürchten andere Quellmärkte wie
Portugal und Spanien, sie könnten beim Wettbewerb um Hotelbetten
auf Mallorca zu kurz kommen, wie diese Woche beim Besuch der
balearischen Tourismusministerin Joana Barceló in Portugal deutlich
wurde.
Auf der ITB forderte im Gegensatz zu früheren Jahren kein
Reiseveranstalter Preisnachlässe von den mallorquinischen
Hoteliers, um mit anderen Destinationen wie der Türkei mithalten zu
können. Auf Unverständnis in der spanischen Presse stießen denn
auch eher zurückhaltende oder pessimistische Äußerungen der
balearischen Hotelbranche: Mancher Kollege der Tagespresse
vermutete politische Taktiererei dahinter und schloss sich der
Forderung von Dierk Berlinghoff, General-Direktor von Alltours, an,
der die Balearen ausdrücklich zu der aktuellen Entwicklung
beglückwünschte: „Das ist ein Grund zum Feiern.”
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.