Der Tischnachbar scheint der Welt entrückt. „Hier ist einfach
alles in der Balance”, schwärmt er, ohne sich erkennbar an jemanden
zu richten. Der Grund der tiefen Zufriedenheit: Der Mann hat gerade
einen Schluck Marqués de Murrieta genossen, aus dem Hause Castilla
y Ygay. Um die Dimension des Genusses begreifbar zu machen, bedarf
es aber der Angabe eines Jahrgangs: 1925 vermerkt das verschlissene
Etikett.
Die „Fórmula Schwaiger” des Sterne-Restaurants Tristán in Puerto
Portals war am vergangenen Wochenende Schauplatz einer Weinprobe,
wie sie auf Mallorca nur selten zelebriert wird. Der renommierte
Schweizer Weinsammler und Mallorca-Resident Walter Eigensatz hatte
einen illustren Kreis geladen, um erstens in seinen 72. Geburtstag
hineinzufeiern und zweitens Dank zu sagen – Dank an die
Spitzenköche Gerhard Schwaiger (Tristán) und Thomas Kahl (St. Regis
Mardavall) für ihre Verdienste um die Gastronomie auf Mallorca.
Eigensatz, selbst seit 1979 auf Mallorca ansässig, zur Gründung des
Tristán vor 25 Jahren: „Das war wie eine Wundertüte in der Wüste.”
Und so griff Walter Eigensatz großzügig in die Regale seines
wohltemperierten Weinkellers, um vier „Flights” der Extraklasse
zusammenzustellen. Zunächst wurden in einer Blindverkostung fünf
Chardonnays aus fünf Ländern kredenzt, dann vier Spitzenprodukte
des besten spanischen Rotwein-Jahrgangs (1964), danach vier
„außergewöhnliche spanische Weine in großen Jahrgängen”, darunter
auch der schon erwähnte 1925er. Und schließlich durften die
Teilnehmer auch noch einen „Vergleich von fünf internationalen
Spitzenweinen” vornehmen.
Viña Tondonia (1964), Pesquera Janus (1991), Vega Sicilia
(1996), Château Haut-Brion (1998), et cetera, et cetera – die
Hochgenüsse wollten kein Ende finden. Und darum ging es Walter
Eigensatz auch. Er wünschte sich von seinen Gästen nicht etwa
Ergebenheit vor großen Namen, sondern ehrliche Freude am Genuss und
eine ebenso ehrliche Meinung darüber, welcher Wein am besten
schmeckt. „Es muss nicht immer der Franzose sein”, fasste Eigensatz
das Ergebnis selbst zusammen. Denn bei den Chardonnays hatte ein
Kalifornier die Nase vorn (Point Rouge von Peter Michael), und bei
den internationalen Spitzenweinen ein Australier (Hill of Grace von
Winery Henschke), obwohl er mit einem Château Haut-Brion
konkurrieren musste.
Tristán-Chef Schwaiger und sein Team lieferten die „Hardware”
zum süffigen Abend – mit einem Menü, das auf die Wiedereröffnung
des Restaurants am 29. März einstimmte, unter anderem mit
„Sóller-Gamba mit Gewürz-Ravioli, frittierter Kräutermilch und
weißem Spargel” und einem „Sandwich von der Atlantikseezunge mit
schwarzem Trüffel, King Crab und Petersilienragout”. (jog)
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.