Aber die Umstände sind nicht normal. Ein klares Indiz dafür ist
das Echo, das der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und
sechs ihrer Minister in der spanischen Politik, vor allem aber in
den spanischen Medien ausgelöst hat. Selbst am Montag waren in den
Zeitungen noch Kolumnen und Kommentare zu dem Thema zu lesen.
Allein die MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora” lieferte fünf
Meinungsbeiträge, darunter eine Karikatur.
Was war geschehen? Eigentlich nichts. Angela Merkel hatte die
Reformbemühungen des Gastgebers gelobt („In Spanien wurde in der
letzten Zeit ganz Großartiges geleistet”), weitere Anstrengungen
angemahnt und für ihre Vorschläge für einen Euro-Wirtschaftspakt
geworben. Scheinbar alles ganz harmlos. Der Opposition im
spanischen Parlament und vielen Medienvertretern drängte sich
jedoch das Bild der Schulmeisterin auf, die einen schlechten Eleven
ausnahmsweise mal lobt. Brav, setzen! Nicht wenige Kommentatoren
verbaten sich solche Lektionen.
Hat sich die Bundeskanzlerin daneben benommen? Wohl kaum. Die
Reaktionen sind eher Ausdruck der tiefen Depression, in der sich
Spanien noch immer befindet. Die reiche Tante hat den armen
Verwandten besucht – wer sich in diese Gefühlslage versetzen kann,
versteht die Kritiken besser, ebenso wie die Furcht vor der viel
beschworenen starken Euro-Achse Deutschland-Frankreich. Da kann ein
gut gemeintes Lob schnell zur Erniedrigung geraten.
Dennoch bleibt kein Schaden zurück. Deutschland und seine
wirtschaftliche Stärke ernten in der Bevölkerung überwiegend
Hochachtung. Die Wirtschaftskompetenz Merkels wird in Spanien
wahrscheinlich höher eingeschätzt als in Deutschland. Wohltuend der
Humor eines Madrider Kolumnisten: „Merkel kam mit sechs Ministern.
Schade, sie hat sie wieder mitgenommen.”
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