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Ein „Märchen” nennt Monique van der Vorst die Ereignisse dieses Jahres, die im März auf Mallorca ihren Anfang nahmen. Dabei sieht es zuerst ganz und gar nicht danach aus. Mit der holländischen Rad-Nationalmannschaft ist die Paralympics-Spitzenathletin – auf ihrem Handbike gewann sie nicht weniger als sieben WM- und vier EM-Titel – damals im Trainingslager auf der Insel.

Während einer gemeinsamen Tour an der Playa de Palma passiert der tragische Unfall: Von hinten wird die 26-Jährige von einem deutschen Radsportler gerammt und zu Boden gerissen: „Es gab einen großen Knall”, an viel mehr kann sich die junge Frau nicht erinnern. Sie kommt ins Krankenhaus, erst auf Mallorca, dann in den Niederlanden.

Nach mehreren Monaten Klinikaufenthalt beginnt die Rehabilitation in Amsterdam – und damit auch das Märchen: Monique spürt unerwartete Zuckungen, hat plötzlich wieder ein Gefühl in den Beinen. Von nun an trainiert sie jeden Tag „wie verrückt”, heute kann sie – nach einem halben Leben im Rollstuhl – wieder gehen: „Kurze Strecken zwar, aber ich gehe. Alleine.”

Von einer „Wunderheilung” will sie gar nicht reden, ist jedoch überzeugt, dass „damals auf Mallorca durch die Wucht des Aufpralls etwas in meinem Körper geschehen sein muss”. Eine Einschätzung, die von ihrem behandelnden Arzt bestätigt wird, der von einer Art „Aufhebung einer Blockade” ausgeht, auch wenn sie „medizinisch schwer zu erklären” sei.

Hinzu kommt: Monique van der Vorst ist eine Kämpferin. Schon mit 13 Jahren – nach einer Knöchel-Operation mit Komplikationen ist sie auf den Rollstuhl angewiesen, bei einem späteren Unfall erleidet sie eine Wirbelsäulenverletzung – beginnt sie während ihrer Rehabilitation Handbike zu fahren, um „das Beste aus der Situation“ zu machen: „Vor allem wollte ich wieder unabhängig sein.” Nach zwei Jahren hartem Training nimmt sie an ihrem ersten Rennen teil – und gewinnt.

Im Leistungssport findet die Handbike-Fahrerin fortan neuen Lebensmut, räumt die Preise nur so ab und holt nach ihren WM- und EM-Titeln 2008 bei den Paralympics in Peking weitere zwei Silbermedaillen. 2009 siegt sie zudem beim Para-Triathlon „Ironman” auf Hawaii.

Dann kommt der März 2010 auf Mallorca, Monique trainiert wieder einmal für Gold, diesmal für ihre Teilnahme bei den Paralympics 2012 in London. Sie gibt wieder alles, 30 Stunden pro Woche, bis zum Unfall. Dass sich London damit für sie als nichtbehinderte Sportlerin erledigt hat, findet Monique kurioserweise auch ein bisschen „hart” – aber inzwischen hat sie schon viele neue Pläne. Ihr Traum sei es, erzählt sie im MM-Interview, auf einem „normalen” Fahrrad Rennen zu gewinnen, und beim „echten” Ironman zu siegen: „Das wäre schon toll - irgendwann.”

Zuzutrauen ist es ihr, verfolgt sie auch ihre aktuellen Visionen mit diesem bewährten Mix aus Entschlossenheit, Willenskraft, Disziplin und einem unerschütterlichen Mut. Noch schafft sie wenige Meter. Täglich trainiert sie mehrere Stunden, „im Stück” kann sie schon 20 bis 30 Minuten gehen: „Ganz allein, ohne fremde Hilfe.” Wen wundert's, dass sie sich für ihre Homepage gerade dieses Zitat von Friedrich Nietzsche als Lebensmotto ausgesucht hat: „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.”

Stark machen sie jetzt auch zahlreiche Erfahrungen, die ganz und gar neu für sie sind. Alles sei „so anders”, nun da sie die Welt aus einer völlig unterschiedlichen Perspektive als früher aus dem Rollstuhl wahrnehme. „Ich fühle mich auf einmal richtig groß”, erzählt sie lachend. „Und am schönsten finde ich, dass ich den Menschen beim Sprechen in die Augen sehen kann.”

Auch auf ein Wiedersehen mit Mallorca freut sie sich schon. 2007 sei sie schon einmal hier gewesen, die Insel habe ihr großartig gefallen: „Besonders die Berge und überhaupt die wunderschöne Landschaft jenseits der Touristenmeilen.” Nächstes Jahr will sie auf jeden Fall wiederkommen: „Wenn es wieder wärmer wird.”