Die "Serra de Tramuntana" ist
einzigartig unter den Bergregionen im Mittelmeerraum und soll bald
zum Welterbe der Unesco (Organisation der Vereinten Nationen für
Erziehung, Wissenschaft und Kultur) erklärt werden. Im Januar
dieses Jahres reichte Mallorcas Inselrat die Bewerbungsunterlagen
offiziell beim Kulturministerium in Madrid ein, das Ministerium
leitete die gut 1000 Seiten und 130 Fotos umfassende Dokumentation
an die Unesco weiter.
Und die Chancen für die Ernennung der Region zum "Patrimonio
Mundial Unesco" in der Kategorie "Geschützte Kulturlandschaft"
("Paisaje cultural") stehen laut Inselrat nicht schlecht. "Vor zwei
Wochen haben Inspektoren der Unesco Mallorca besucht und die
gesamte Landschaft in Augenschein genommen", erklärt Begoña
Gonzalez, Pressesprecherin des zuständigen Planungsamtes beim
Inselrat. Dieser Besuch zeige, dass man sich ernsthaft mit dem
Kandidaten aus Spanien beschäftige.
Insgesamt 109.362 Hektar sollen zum Welterbe erklärt werden,
bestehend aus der Bergregion mit einem besonders schützenswerten
Kern sowie einem angrenzenden Streifen des Meeres. Zwei Jahre lang
bereitete Inselratsdezernentin Maria Lluïsa Dubon zusammen mit den
insgesamt 20 Gemeinden der Region und zahlreichen Verbänden die
Kanditatur vor.
20.000 Unterschriften aus der Bevölkerung wurden seitdem
gesammelt, 10.000 Anhänger haben sich auf der Facebookseite des
Projektes registriert, und zahlreiche Prominente - vom spanischen
Königs- und Prinzenpaar über Schauspieler Michael Douglas oder
Sängerin Patti Smith bis hin zu den weltbekannten Publizisten,
Umweltschützern und Globalisierungsgegnern Jerry Mander und Douglas
Tompkins - unterstützen die Ernennung der außergewöhnlichen
Landschaft auf Mallorca zum Welterbe.
Grundlage der Kandidatur dieser Region ist die lange Geschichte
der Tramuntana, die aus dem Meer und der Ebene der Insel
herausragt, als Zeuge der Bevölkerungsgeschichte Mallorcas. Bis
heute sind in dieser Landschaft unzählige Spuren der Vergangenheit
erhalten. Archäologische Reste früherer Siedlungen gehören dazu,
jahrhundertealte Köhlerplätze, Terrassen zum Anbau von Oliven- oder
Mandelbäumen aus der Zeit der Araber oder Überbleibsel
ausgeklügelter Bewässerungssysteme.
Die wichtigste Voraussetzung für die angestrebte Auszeichnung
ist laut Inselrat das Außergewöhnliche eines Ortes. "Die Serra de
Tramuntana ist ein seltenes Beispiel für intelligente
landwirtschaftliche Nutzung im Mittelmeerraum vor mehr als 1000
Jahren", erklärt Begoña Gonzalez. "Hier wurde in einer beinahe
unkultivierbaren Region Landwirtschaft mit effizientesten Mitteln
betrieben." Auch die verschiedenen Invasionen von Völkern aus Nord
und Süd hätten ihre Spuren hinterlassen, das Ergebnis der Insellage
auf dem Weg zwischen Europa und Afrika.
Sollte die Tramuntana tatsächlich zum Weltkulturerbe erklärt
werden, so erhoffen sich Bevölkerung und Politiker die Umsetzung
von Maßnahmen, die jetzt den Gemeinden in einem umfassenden "Plan
de Gestión" vorgestellt wurden. Mit der finanziellen Unterstützung,
mit der die Ernennung verbunden ist, könnte die Bewahrung der
Kulturlandschaft gefördert werden, denn viele der weitläufigen
Ländereien - 70 Prozent der Fläche ist in Privatbesitz -
verwahrlosen laut Inselrat. "Wir brauchen Geld für die Pflege der
Trockensteinmauern, die sonst verfallen, oder für Olivenhaine, die
verwildern", sagt Gonzalez.
Der Kultur- und Wandertourismus könnte belebt werden. "Das
Planungsamt des Inselrates will eindeutig klären, welche Wege von
Wanderern benutzt werden können und welche nicht. Wir könnten zum
Beispiel Abkommen mit Eigentümern treffen, so dass diese ihre Wege
öffnen und dafür Hilfen zur Erhaltung ihres Landgutes
bekommen."
Auch verschiedene Themenrouten sollen für Wanderer besser
erschlossen und ausgeschildert werden, mit dem Ziel, die Belastung
für die Landschaft durch die Gruppen so gering wie möglich zu
halten. Wanderwege sollten künftig auch mit dem Zug oder Bus
erreichbar sein, um den Autoverkehr zu minimieren.
Einfluss auf die Entscheidung der Unesco hat nach Aussage des
Inselrates auch die Meinung der Bevölkerung. Die
Öffentlichkeitsarbeit für den Titel läuft deshalb auf Hochtouren.
Vorträge, Workshops in Schulen, eine mehrsprachige Internetseite
oder Anzeigen sollen so die Inselbewohner für die Bewerbung
begeistern. Scheitern könnte die Vergabe des Titels daran, dass
Spanien bereits sehr viele Unesco-Titel hat. Ob noch ein weiterer
hinzukommt, entscheidet das internationale Komitee im Juni 2011 in
Bahrain.
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