Es ist das etwas andere Hotel-Konzept:
Statt einer Bettenburg mitten im touristischen Trubel samt
Hunderten von „Mitbewohnern” und weiteren Tausenden Badegästen am
Strand setzen die Landhotels der Insel vor allem auf stille
Landschaft, Natur, Gediegenheit und viel, viel Ruhe. Organisiert
sind die ruralen Übernachtungsbetriebe seit 1989 im Verband des
„Agroturismo”, was sich noch am ehesten mit „Ferien auf dem
Bauernhof” übersetzen lässt.
Also Urlaub im Kuhstall? Mitnichten! Die Geschichte der
mallorquinischen Bauernhöfe reicht oft bis in die Zeit der Mauren
und der Reconquista zurück. So entpuppen sich die Betriebe häufig
als herrschaftliche Anwesen mit weitläufigem Grundbesitz, auf dem
sich Felder, Wälder und ganze Bergzüge befinden können. „Ferien auf
dem historischen Landgut” wäre darum eine treffendere
Bezeichnung.
Nach den Worten von Joan Bonnín, dem neuen Präsidenten des
Agroturismo-Verbandes, zählt die Organisation 120 Mitgliedsbetriebe
und damit die Hälfte aller Urlaubsunterkünfte dieser Art.
Nach Angaben der Tourismusbehörden sind in diesem Bereich 242
Betriebe tätig. Die Zahl der Gästebetten summiert sich auf knapp
3990. Die agrotouristischen Betriebe stellen damit lediglich ein
bis zwei Prozent der Hotelbetten auf der Insel, aber rund 15
Prozent der Übernachtungsbetriebe. In dieser Aufzählung sind neben
den „Agroturismos” auch die Landhotels ohne Ackerbau und Tierzucht
(„Hotel Rural”) sowie die Gästehäuser in den Dörfern („Turismo de
Interior”) enthalten. Häufig handelt es sich auch hier um
historische Anwesen.
Die Wirtschaftskrise hat dem „grünen” Tourismus nur bedingt
geschadet. Im Vergleich zu 2007, dem „besten Branchenjahr”, stieg
die Zahl der Betriebe um zehn, die der Betten sogar um 15
Prozent.
Ungeachtet dieser Zunahme haben die Landherbergen nicht mehr so
viel Umsatz erlöst wie vor der Krise. „Die Auslastung lag 2009 um
20 Prozent unter der von 2007”, sagt Bonnín. 2010 laufe jedoch
besser als das Vorjahr. Vor allem das zweite Halbjahr 2010 sei gut
gebucht. Halte dieser Trend an, werde das Geschäft 2010 vielleicht
um fünf Prozent über dem von 2009 liegen. „Man sieht wieder mehr
Optimismus.”
Hinzu komme, dass nicht alle Betriebe gleichermaßen vom Auf und
Ab der Nachfrage betroffen seien. „Wir haben 120 Mitglieder. Das
sind 120 unterschiedliche Realitäten und 120 unterschiedliche
Erfahrungen”, beschreibt der Präsident die Situation. Im Klartext:
Der eine Betrieb liegt einsam in den Bergen, der andere am Meer,
der dritte in einem Weinberg. Ist das eine Landhotel besonders in
der kühleren Saison gefragt, etwa bei Wanderern, sei das andere
eher im Sommer ausgebucht, das dritte wiederum gerade im Herbst. So
mancher Betrieb sei spezialisiert auf Radfahr- und Golfurlauber,
andere auf Gastronomie oder Wellness, wieder andere auf Reitsport
oder Öko-Landwirtschaft. Die Auswahl sei so reichhaltig wie die
Insel selbst.
Anders als bei Hotels gibt es bei den agrotouristischen
Betrieben keine Sterne als Qualitätskennzeichen, räumt Bonnín ein.
Gleichwohl umfasse das Angebot Gütestandards vom Zwei- bis zum
Fünf-Sterne-Bereich. „Die meisten unserer Häuser würden als Hotels
im Drei- und Vier-Sterne-Bereich liegen.” Diese Bandbreite spiegelt
sich im Preis wider: Das Zimmer im Agrohotel kann 50 bis 375 Euro
pro Nacht kosten. In manchen Häusern mit ausgewiesenen Suiten und
Komfort nach State of the Art kann die Nacht auch 1000 Euro kosten.
Nähere Infos über die Landgüter mit Gästebetten finden sich auf der
Internetseite des Verbandes, www.topfincas.com.
Vor allem Deutsche Urlauber verspüren Lust aufs Land. Sie
stellen rund 60 Prozent der Gäste. Gezielter als bisher will der
Verband aber auch mallorquinische Residenten zu Wochenendtrips in
die Agrofincas locken.
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