Spanien zieht einen wesentlichen Teil
seines nationalen Selbstbewusstseins aus den Erfolgen seiner
sportlichen Heroen. Tennis-Star Rafael Nadal, die
Fußball-Nationalmannschaft, die Basketballer um Pau Gasol,
Formel-1-Star Fernando Alonso – die Liste der glorreichen
Wettkämpfer ist lang. Auch Erfolge im Radsport werden mit
unvoreingenommener Freude zelebriert, allen Dopingskandalen der
Vergangenheit zum Trotz.
Dabei ist das Problem offenkundig. Allein in den vergangenen
paar Wochen sind vier spanische Profifahrer bei Dopingkontrollen
aufgefallen. Ezequiel Mosquera und David García wurden während der
Spanienrundfahrt im September positiv getestet, in der vergangenen
Woche sorgte dann Tour-de-France-Sieger Alberto Contador für
Schlagzeilen. Er schiebt das verdächtige Ergebnis einer Urinprobe
auf den Verzehr eines mit dem Kälbermastmittel Clenbuterol
verunreinigten Stückes Fleisch.
Auch Mallorcas Radsportszene bleibt nicht von Skandalen
verschont. Die erfolgreichste spanische Radsportlerin aller Zeiten
(unter anderem Olympia-Bronze auf dem Mountainbike), Marga Fullana,
wurde während der Weltmeisterschaft in Kanada im vergangenen August
positiv auf das Blutdopingmittel EPO getestet.
Die Sportlerin veröffentlichte am 1. Oktober eine Erklärung auf
ihrer Internetseite, in der sie einräumt, gedopt zu haben.
Es ist nicht der erste Doping-Skandal, in den mallorquinische
Radsportler verwickelt sind. Erst im Sommer des Jahres 2009 war
Radprofi Toni Colom aus Bunyola positiv getestet worden. Im Mai
dieses Jahres wiederum erwischte es den Silbermedaillengewinner der
Olympischen Spiele von Peking 2008, Toni Tauler.
Die spanische Öffentlichkeit hat zuletzt eine ganz eigene Art
des Umgangs mit solchen Dopingfällen entwickelt. Eine positive
Dopingprobe scheint der Popularität der einstigen Helden kaum zu
schaden. Bereitwillig springt die Presse den Beschuldigten bei,
allen voran das Sportblatt „Marca”, das hinter all dem eine
internationale Verschwörung vermutet. Tenor: Man gönnt uns unsere
sportlichen Erfolge nicht.
Für den Präsidenten des internationalen Radsportverbandes (UCI),
Pat McQuaid, ist die Lage derweil eindeutig: „Die Hälfte aller
Dopingfälle kommt aus Spanien”, sagte er in der vergangenen Woche.
„Spanien muss endlich anerkennen, dass es dort ein Dopingproblem
gibt und die Regierung muss mehr für dessen Lösung tun.” Die
Bereitschaft dazu sei offenbar nicht vorhanden.
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