Für sie gab es bis heute keine
vernünftige Alternative: "Wir leben hier auf Mallorca, was liegt da
näher, als unsere Kinder auf eine Schule zu schicken, in der sie
die Sprache des Landes sprechen." Karen Otto und ihr Mann waren
sich zudem immer einig: In die mallorquinische Gesellschaft
integrieren sich die Kinder am besten durch eine spanische Schule.
Ob privat oder öffentlich, das hänge sicherlich immer von der
jeweiligen Einrichtung ab. "Es gibt auf beiden Seiten gute und
schlechte Beispiele, wir sind mit der spanischen Privatschule immer
sehr zufrieden gewesen."
So wie Karen Otto denken viele ihrer Landsleute auf Mallorca.
Bei der Suche nach der idealen Schule für ihre Kinder ist dabei oft
die persönliche Lebenssituation Ausschlag gebend, weniger die
Tatsache, ob es sich um eine öffentliche oder private Schule, eine
deutsche oder internationale handelt. Für Jutta Bierfelder aus
Porreres steht fest: "Es war eine gute Entscheidung, meine Tochter
auf das normale 'colegio público' hier im Ort zu schicken.
Sie fühlt sich einfach wohl dort in ihrem sozialen Umfeld, hat
alle Freunde hier, das ist für mich mindestens so entscheidend wie
der akademische Anspruch der Schule oder der überwiegende
Katalanisch-Anteil", sagt die Inhaberin der Firma "Mallorca
Hochzeiten". Als Alleinerziehende wäre es für sie nur schwer zu
organisieren, täglich nach Palma zu fahren.
Im nächsten Jahr steht für die elfjährige Pia allerdings ein
Wechsel in ein "Instituto" an. "Ob ich mich weiter für eine
öffentliche Schule hier in Porreres entscheide, weiß ich noch
nicht. Wenn das Umfeld stimmt, bleibt sie hier, sonst müssen wir
eben viel Fahrerei in Kauf nehmen."
Ein Problem, das viele deutsche Residenten auf der Insel haben,
denn wer sich nicht für eine komplette Schullaufbahn an einem
"colegio público" entscheidet, muss sich irgendwann Richtung Palma
bewegen. Die deutschen Schulen, besonders begehrt bei denen, die
vorhaben, in naher Zukunft wieder nach Deutschland zu wechseln,
befinden sich ebenso wie die internationalen Schulen ausschließlich
im Umkreis der Inselhauptstadt.
Von der kleinen privaten "Öko-Grundschule" für glückliche Kinder
auf dem Lande bis hin zum erzkonservativen, der katholischen Sekte
"Opus Dei" nahen "Colegio Alabern", das wie einst in Spanien üblich
auf getrennte Erziehung von Jungen und Mädchen setzt, gibt es
darüber hinaus auf Mallorca fast alles. Wofür sich mehrheitlich die
Deutschen entscheiden, zeigen die aktuellen Zahlen des
Kultusministeriums der Balearen: Knapp drei Viertel aller deutschen
schulpflichtigen Kinder auf Mallorca besuchen ein "colegio público"
(öffentliche Schule) oder ein "colegio concertado"
(subventionierte, ehemalige Privatschule).
156.533 Schüler gibt es derzeit an balearischen Schulen, davon
sind rund 15 Prozent (23.480) Nichtspanier, so gab die Pressestelle
des Bildungsministers Bartomeu Llinàs bekannt. 1338 deutsche
Schüler sind darunter (5'7 Prozent), die öffentliche oder halb
öffentliche Schulen besuchen. Dem gegenüber stehen rund 500 Schüler
an den deutschen, spanischen und internationalen Privatschulen.
Während in Deutschland heftig über den Sinn und die Dauer von
Grundschulen, Realschulen, Gymnasien, Förderschulen oder
Gesamtschulen diskutiert wird, kennen Spanier nur die Gesamtschule,
im öffentlichen System aufgeteilt in Grundschule, Mittel- und
Oberstufe.
Richten sich hiesige deutsche oder internationale Einrichtungen
nach den Bestimmungen und Lehrplänen der jeweiligen Länder, so gilt
das spanische Schulgesetz LOE (Ley Orgánica de Educación), zuletzt
reformiert im Mai 2006, grundsätzlich für alle spanischen
"Colegios", egal, ob öffentlich oder privat.
Schulpflicht besteht von sechs bis 16 Jahren, an Schulen, die
versuchen, alle Schüler mindestens bis zum Sekundärabschluss
(vergleichbar mit der deutschen Mittleren Reife) zu führen. Nach
der sechsjährigen Grundschulzeit folgt die Mittelstufe, im
öffentlichen System bedeutet das einen Schulwechsel auf ein
"Instituto". Erst dann, also ab der 7. Klasse, können die Schulen
aufgrund von Aufteilung in Pflicht- und Wahlfächer unterschiedliche
Schwerpunkte anbieten.
Hierbei haben Privatschulen mehr Spielraum als öffentlich
subventionierte (Bücherwahl, Religionsunterricht, zweite und dritte
Fremdsprache, Aufnahmebedingungen). Hinzu kommt, dass die "colegios
privados" und "concertados" oft ein breiteres Angebot an
außerschulischen Aktivitäten oder Austauschprogrammen mit
ausländischen Schulen anbieten.
Die obligatorische Sekundarstufe endet mit der 10. Klasse.
Anschließend haben die Schüler die Möglichkeit, entweder nach zwei
Jahren das Abitur zu machen oder auf eine Berufsschule zu wechseln,
die aus einem Jahr Theorie und einem Jahr Praxis besteht. An den
"colegios concertados" endet nach der 10. Klasse die staatliche
Subvention, an den "Institutos" hingegen sind auch die 11. und 12.
Klasse kostenlos.
Ein großer Unterschied zu Deutschland besteht im hiesigen
Vorschulsystem, das Kindern ab drei Jahren in Lesen und Schreiben
unterrichtet. Auch die sogenannten "Guarderías" oder "Escoletas",
in denen Kleinkinder ab einem Jahr aufgenommen werden, sind in
Deutschland nicht so verbreitet wie in Spanien. Während die Krippen
besonders von ausländischen Residenten oft als "Abschiebehaft" für
Kleinkinder kritisiert werden, sind spanische Eltern - oft beide
berufstätig - froh über die Möglichkeit, ihre jüngsten Sprösslinge
tagsüber gut versorgt zu wissen.
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