Als in Cala Murada im Jahr 1958
Bauarbeiter die ersten Kabel verlegten und die Straßen pflasterten,
war die Küste ringsherum noch völlig unberührt. In jenen Jahren
entstand dort eine der ersten Urbanisationen auf Mallorca, in denen
sich dann Ausländer ein Feriendomizil zulegten.
Was damals noch eine ausgefallene Idee schien, hat sich im Laufe
der Jahre zu einem erheblichen Wirtschaftsfaktor entwickelt: Sage
und schreibe 40 Prozent der neun Millionen Urlauber, die Jahr für
Jahr auf die Insel kommen, steigen in einer Privatimmobilie ab,
schätzt die mallorquinische Handelskammer – fast vier Millionen
Menschen. Und tendenziell werden es mehr: Das balearische
Tourismus-Ministerium konstatiert einen Trend hin zum
Mallorca-Urlaub im Eigenheim.
Obwohl detaillierte Studien zu dem Phänomen rar sind, dürfte die
wirtschaftliche Bedeutung des Residenzial-Tourismus nicht
unerheblich sein. In einer Untersuchung der mallorquinischen
Handelskammer über aufstrebende Tourismusarten spielen die
Residenzial-Urlauber allerdings nur eine Nebenrolle. Das Profil
dieser Touristen, die entweder im eigenen Feriendomizil oder aber
in der Mallorca-Immobilie von Freunden oder Familienangehörigen
absteigen, ist laut Handelskammer folgendes: über 40 Jahre alt,
mittlere bis hohe Kaufkraft, hoch qualifizierte Arbeitnehmer oder
Selbstständige.
Aus wirtschaftlicher Sicht interessant ist diese Urlaubergruppe,
weil ihre Verweildauer auf der Insel pro Urlaub relativ lang ist:
durchschnittlich 14 bis 18 Tage. Obendrein scheinen
Residenzial-Touristen anders als der klassische Strandurlauber auch
in der Nebensaison nach Mallorca zu kommen. So gilt etwa Ostern
deshalb als erster touristischer Höhepunkt des Jahres, weil dann
Tausende Ausländer nach den Wintermonaten in ihrer Mallorca-Villa
oder ihrem Insel-Apartment nach dem Rechten sehen.
Der Residenzial-Tourismus leistet also einen Beitrag zur
Entzerrung der touristischen Saison („des-estacionalización”). Pro
Tag geben Residenzial-Urlauber laut Handelskammer 80 Euro aus –
mehr als Kreuzfahrt-Urlauber auf Landgang in Palma (62 Euro), mehr
als der klassische Strandurlauber (42 Euro), jedoch weniger als
Nautik-Touristen (110 Euro) oder Golf-Touristen (165 Euro).
Das balearische Tourismus-Ministerium sieht im
Residenzial-Tourismus bislang einen Geschäftszweig wie viele andere
auch. In dem 2009 als Koproduktion von Ministerium, Sparkasse „Sa
Nostra”, Handelskammer und Balearen-Universität herausgegebenen
Weißbuch des Tourismus auf den Balearen heißt es über die Vorzüge
des Residenzial-Touristen: „Das Gute an ihm ist, dass er der Insel
hochgradig treu ist – schließlich ist er in der Regel Besitzer
einer Immobilie, die sich amortisieren soll.” Die Inselgemeinden,
in denen der Residenzial-Tourismus eine besonders große Rolle
spielt, sind neben Andratx und Calvià auch Pollença, Alcúdia und
Santanyí. In Gemeinden wie diesen hat sich ein praktisch alle
Lebensbereiche umfassendes Netz von Dienstleistern gebildet, die
ohne Residenzial-Tourismus kaum überleben könnten. Vom Handwerker
über den Gärtner und Poolpfleger bis hin zum Fincaverwalter. Allein
in Calvià sind rund 20.000 Immobilien im Besitz von
Nicht-Residenten. „Der Residenzial-Tourismus hat enorme Bedeutung
für die lokale Wirtschaft”, sagt Kate Mentink, für die Ausländer
Calviàs zuständige Dezernentin. Aber nicht nur das: Etwa die Hälfte
des Aufkommens der wichtigsten lokalen Steuer, der Grundsteuer
(Impuesto sobre Bienes Inmuebles, IBI) zahlen in Calvià
Immobilienbesitzer, die Nicht-Residenten sind.
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