Allzu gewissenhaft scheinen die Verantwortlichen im balearischen
Tourismus-Amt Ibatur ihre Arbeit nicht verrichtet zu haben.
Zumindest hat die Staatsanwaltschaft eine Vielzahl von Hinweisen
auf massive Unregelmäßigkeiten in den Jahren 2003 bis 2007. Damals
regierte auf den Balearen eine Koalition aus Konservativen (PP) und
Regionalisten (UM). Am Donnerstag vergangener Woche gab es nun 14
Festnahmen. Darunter: die beiden ehemaligen Ibatur-Chefs Juan
Carlos Alía und Raimundo Alabern sowie Ex-Büroleiter Miguel Ángel
Bonet.
Laut den Ermittlungsbehörden sollen Dutzende gefälschte
Rechnungen vorliegen. Außerdem wurden bei der Vergabe von Aufträgen
offenbar regelmäßig die gesetzlichen Vorschriften umgangen.
Begünstigte waren laut Staatsanwaltschaft die nun verhafteten
Entscheidungsträger selbst, beziehungsweise befreundete
Unternehmer. Hunderttausende Euro könnten so in dunklen Kanälen
versickert sein, vermuten die Ermittler. Einen Hinweis auf die
Größenordnung des Skandals lieferten die Kautionen, die der
zuständige Richter gegen die Hauptbeschuldigten erließ. Alabern
musste 350.000 Euro hinterlegen, Bonet 250.000 und Alía 30.000.
Nach zwei Tagen in Untersuchungshaft kamen sie daraufhin wieder
frei.
„Das wünsche ich meinem schlimmsten Feind nicht”, sagte Alía am
Samstag vergangener Woche beim Verlassen des
Untersuchungsgefängnisses zu den wartenden Journalisten. „Ich war
die meiste Zeit allein da unten und es stinkt nach Urin.” Die zwei
Nächte hatten ihn sichtlich mitgenommen. Alía wird vorgeworfen,
30.000 Euro von Ibatur kassiert zu haben – als Entschädigung. Der
ehemalige TUI-Pressesprecher war 2004 als Chef des Tourismusamtes
zurückgetreten, nachdem der sogenannte „Rasputin”-Skandal bekannt
geworden war: Mehrere ranghohe Balearen-Politiker hatten es sich
auf Kosten des Steuerzahlers während einer Russland-Reise in einem
Moskauer Puff gleichen Namens gutgehen lassen. Laut
Staatsanwaltschaft sei Alía damals das „Bauernopfer” gewesen. Zur
Wiedergutmachung habe man ihm anschließend mehrere Aufträge
„zugeschustert”, für die er keine Gegenleistung erbracht habe.
Alía: „Ich bin unschuldig.”
Die Hinweise, dass bei Ibatur bei der Vergabe von Aufträgen
nicht alles mit rechten Dingen zuging, verdichten sich jedoch. So
belasten immer mehr Mitarbeiter der Behörde ihre ehemaligen
Vorgesetzten. Offenbar war es gang und gäbe, Aufträge
unerlaubterweise zu splitten, um eine öffentliche Ausschreibung zu
verhindern. Nur bis zu einem Volumen von 12.000 Euro dürfen
Behörden Aufträge ohne Ausschreibung vergeben. Die
Staatsanwaltschaft untersucht laut Medienberichten 127 Verträge,
die auf diese Weise an befreundete Unternehmer vergeben worden sein
könnten.
In mehreren Fällen ist zudem völlig unklar, ob es überhaupt eine
Gegenleistung gegeben hat. So fanden die Ermittler etwa eine
Rechnung über 6000 Euro, deren Zweck unklar ist. Angeblich waren
dies die Kosten für die Übersetzung des Ibatur-Logos ins
Chinesische.
Auch die Werbetätigkeit von Prominenten wie des deutschen
Supermodels Claudia Schiffer für die Balearen als
Urlaubsdestination gerät nun ins Visier der Ermittler. Offenbar
haben die Beschuldigten auch diese Deals dazu genutzt, Steuergeld
in dunkle Kanäle umzuleiten.
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