Die Gogo-Girls tanzen auf den Tischen, aus
den Lautsprechern schallen zotige Schlager, auf den
Großbildschirmen jubeln Fußballer über den Meisterschaftstitel. Am
späten Samstagabend vergangener Woche herrschte Normalbetrieb im
berühmt-berüchtigten Bermuda-Dreieck zwischen Bierstraße, Bierkönig
und Bierkaiser (Letzterer ist ein Name, den der Mega-Park vor zwei
Jahren für sich einführte). Und natürlich floss das Bier in
Strömen, vor allen in den beiden Partyhallen mit dem Adelstitel im
Namen, wo mehrere Tausend Menschen tanzend, trällernd, trinkend,
turtelnd und mitunter torkelnd zusammenfanden.
Alles wie immer, könnte man meinen. Selbst die Schlager waren
dieselben wie schon vor zehn Jahren. Doch ganz so zeitlos, wie die
Playa de Palma erscheint, sind die Dinge nicht. Eine Vorahnung von
Wandel hängt über der Partymeile, auch wenn dieser sich bislang
kaum an konkreten Maßnahmen festmachen lässt.
Im Hintergrund steht das Vorhaben, die Playa de Palma
umzugestalten. Die einstige Wiege des Massentourismus, der fünf
Kilometer lange Sandstrand samt der Bebauung an seinen Ufern, soll
moderner, schöner, attraktiver werden. Das "städtebauliche
Konsortium zur Aufwertung der Playa de Palma" feilt unablässig an
seinem Integralplan, der noch Ende Mai oder Anfang Juni offiziell
präsentiert werden soll. Das Vorhaben wird auch Folgen haben für
den dortigen Biertrubel.
Was wird aus dem Partytourismus an der Playa? "Wir wollen, dass
es ihn weiterhin gibt", sagt Neus Pacheco, Direktorin für
institutionelle Beziehungen des Konsortiums. Diese Art Tourismus
habe Tradition an der Playa de Palma. Man habe nichts gegen Party
und biertrinkende Urlauber, solange die Feier in den Bars und
Diskotheken zivilisiert ablaufe. Im Klartext: "Wir wollen keine
Besäufnisse am Strand, keine Leute, die sich auf den Bürgersteigen
erbrechen, keine Schlägereien."
Negativbeschreibungen wie diese haben an der heutigen Playa de
Palma ohnehin Seltenheitswert. Sie scheinen eher aus einer Zeit vor
zehn, 15 Jahren zu stammen, als deutsche Privatsender das
feucht-fröhliche Treiben am "Ballermann 6" mit ihren
sensationalistischen Berichten erst so richtig anheizten.
Der neuralgische Punkt, der einst den Ruf der Playa als
teutonische Tränke unter spanischer Sonne begründete, lag am
vergangenen Samstag gänzlich verlassen da: Der Strandkiosk
"Balneario 6", wie der "Ballermann 6" tatsächlich heißt, hat nachts
schon seit Ewigkeiten nicht mehr geöffnet. Was wird aus dem
Strandkiosk und den weiteren 14 baugleichen "Balnearios", wenn der
Wandel kommt? Neus Pacheco gewährt einen Blick in die Glaskugel:
"Es wird auch in Zukunft Bars und Restaurants in erster Meereslinie
geben. Sie werden aber anders sein." Wie genau anders, das kann
auch Pacheco vorerst nicht sagen. Denn Einzelheiten stehen nach
ihren Worten nicht fest, und der Umbau der ersten Meereslinie ist
frühestens für 2015 terminiert. Fest stehe jedoch, dass die
Strandpromenade sich nicht mehr im Einheitslook präsentieren solle,
sondern nach Themenschwerpunkten umgestaltet wird. So solle etwa im
Bereich Can Pastilla das mediterrane Lebensgefühl betont werden, am
Club Náutico in Arenal werden Fischerei und Wassersport
herausgestellt. Die Zone der "Movida", des Nachtlebens an der
Partymeile, bleibt den Plänen zufolge dort, wo sie ist: Im Umfeld
des "Ballermann 6".
Dass sich an den Balnearios etwas ändern wird, vermutet auch
Pedro Canals Morro, Sekretär der Firma Mar de Mallorca, die
wiederum die Konzessionärin der 15 Strandkioske ist. Er könne sich
aber nicht vorstellen, dass die Balnearios ganz verschwinden, denn
Toiletten, Duschen und Gastronomie werde man am Strand auch in
Zukunft benötigen, sagt Canals. "Vielleicht werden die heutigen
Bauten abgeschafft, aber nur, um sie durch neue zu ersetzen."
Konkret sei seiner Firma noch nichts mitgeteilt worden. Und die
derzeitige Konzession sei noch für mehr als ein Dutzend Jahre
gültig. Überhaupt ist Canals skeptisch, dass der Wandel tatsächlich
2015 kommt. "Die Regierung muss jetzt drastisch sparen. Wo soll da
das Geld für den Umbau der Playa herkommen?" Wenig begeistert von
den Modernisierungsplänen zeigt sich Markus Daldrup,
Geschäftsführer der auf Partyreisen spezialisierten
Müller-Touristik. Er fragt sich, ob es wirklich notwendig sei, bis
zu vier Milliarden Euro in die Sanierung der Playa de Palma zu
investieren, rund 100.000 bis 200.000 Euro pro Hotelbett. Besser
wäre es, durch Polizeipräsenz für mehr Sicherheit (und Sauberkeit)
zu sorgen, damit Partyurlauber nicht auf den Straßen betrogen und
ausgeraubt werden. "Wenn es stimmt, dass ein Golftourist im Schnitt
215 Euro am Tag auf der Insel ausgibt, dann kommt der Partytourist
ohne weiteres auf 60 bis 70 Prozent dieser Summe", sagt Daldrup und
verweist darauf, dass die Zahl der Partyurlauber viel höher sei als
die der Golfer, bei deutlich weniger anfallenden Investitionen für
das Partysegment. Derzeit stagniere die Branche "auf hohem
Niveau".
Der Wandel an der Partymeile wird nicht nur durch äußere,
sondern auch durch innere Einflüsse bestimmt. Rund um die
Partymeile wird längst nicht mehr so viel Bier getrunken wie
früher, sagt Horst Brüntrup, von 1994 bis 2009
Mallorca-Gebietsleiter der deutschen König-Brauerei, und zitiert
die Statistik: Konsumierten die Bundesbürger zu Beginn der 1990er
Jahre im Schnitt 142 Liter Gerstensaft im Jahr, waren es 2009 nur
noch 104 Liter, Tendenz weiter sinkend.
Diese Beobachtungen lassen sich, so Brüntrup, auch an der Playa
de Palma machen. Er nennt dafür mehrere Gründe: Zum einen werde die
Tradition der Vereinsfeiern an der Playa nicht mehr so gepflegt wie
früher. Zum anderen habe die Einführung des Euro das Bier auf
Mallorca verteuert. Auch das 2000 verhängte Musikverbot auf den
Freiluftterrassen nach Mitternacht habe dem Trinken unter Palmen
viel von seinem Reiz genommen. Und wer mit dem Auto an die Playa
fährt, muss, anders als früher, mit strengen Verkehrskontrollen
rechnen.
Trocken ist die Playa de Palma deswegen aber noch lange nicht.
Allein im Bierkönig, so schätzt Brüntrup, rinnen pro Saison allein
600.000 Liter "Köpi" durch die durstigen Kehlen.
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