Im Sommer baumelt sie bei fast jeder
Mallorquinerin über der Schulter: Die Tasche aus Palmblättern.
"Aber auch viele deutsche Residentinnen lieben die Taschen
mittlerweile, weil sie ein Stück Mallorca sind - und dann auch noch
so schön praktisch", sagt José Vidal und grinst verschmitzt.
Der 67-Jährige und sein 40-jähriger Sohn Tomas (Foto) führen mit
der "Mimbreria Vidal" die letzte Flechterei der Korbmacherstraße
"Calle Corderia" in Palma. Seit 85 Jahren gibt es ihren Laden,
einst reihte er sich in ein gutes Dutzend in dieser Straße ein.
Aber die Palmenblattflechterei ist nicht nur "molt mallorquí" und
eines der ältesten Kunsthandwerke der Insel - Historiker vermuten,
dass diese Fertigkeit einst von den Muslimen importiert worden ist
- es gibt auch nur noch wenige, die sie beherrschen. Viele Hundert
der geflochtenen Taschen baumeln hier von der Decke, stapeln sich.
Von zwanzig Zentimeter bis knapp einen Meter breit, naturfarben
oder farblich abgesetzt, bestickt, mit Lederapplikationen, offen
oder mit Verschluss. Letztere seien im Moment besonders gefragt,
erzählt Tomas Vidal, "damit auf dem Markt keine fremde Hand in die
Tasche wandern kann". Er und sein Vater stellen noch Stuhlgeflecht
her, die Taschen bekommen sie aus dem Inselnordosten geliefert.
Hier ist die Wiege dieses Kunsthandwerks, das die Mallorquiner
"Llata" nennen. In Artà und Capdepera gebe es noch Gruppen von
älteren Frauen, die diese Fertigkeit beherrschten, erzählt José.
Benutzt werden dazu die Zweige der Zwergpalme - ein Material, das
"Palmito" genannt wird. Die Zwergpalme (Chamaerops humilis) wächst
wild auf der Insel, wird höchstens einen Meter hoch, fächert sich
dagegen in die Breite auf und begrünt viele Berghänge Mallorcas. Im
Frühsommer, wenn die frischen Zweige noch recht zart sind, werden
die Blätter gepflückt, gewässert, dann zum Trocknen ausgelegt.
Gleichzeitig bleicht sie die Sonne, verleiht ihnen eine
einheitliche, sandige Farbe. Noch etwas heller werden sie beim
anschließenden Schwefeln - die Dämpfe machen die Blätter aber vor
allem haltbar und geschmeidig. So vorbereitet können sie zu langen
Borten geflochten werden, die schließlich aneinandergenäht eine
Tasche ergeben.
"Der Rand oben ist darum immer etwas uneben, weil die Borte ja
irgendwo aufhört", erklärt José. Prüfend lässt er seine Finger über
eine Tasche wandern - auch bei der "Llata" gibt es
Qualitätsunterschiede. Stücke mit kleinerem und sehr glatt
gearbeitetem Flechtwerk bewegen sich im Preis um 40 Euro, gröber
gefertigte zwischen zehn und 15 Euro. Kleine Hingucker bieten
aufgestickte Blüten oder vorher eingefärbte Palmborten.
"Traditionell wird dafür Lila, Purpur und Grün verwendet."
Allen Taschen gemein: Sie sind schier unverwüstlich. Durch den
Wechsel zwischen Feuchte und Trockenheit zieht sich die Struktur
der Faser zusammen, gibt dem recht leichten Material besondere
Stabilität - gut gelagert könne es sich so sicher 100 Jahre lang
halten.
Vor allem aber macht es die Tasche zum perfekten Stauraum für
fast jeden Anlass: Die Badesachen für einen Tag am Meer finden in
der "Senalla" (Korb), wie die Mallorquiner sie nennen, ebenso Platz
wie sämtliche Markteinkäufe - das macht sie zur perfekten
Alternative für Plastiktüten beim Einkauf im Supermarkt. Seit
Kurzem bietet sogar die Kette "Eroski" im Kassenbereich die
Palmblättertaschen zum Kauf an.
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