Auf die Insel rollt eine Welle von
Protestaktionen und Demonstrationen zu. Bereits für diesen
Donnerstag, 20. Mai, haben die Gewerkschaften zu einer Kundgebung
vor dem Sitz des Delegierten der Zentralregierung in Palma
aufgerufen. Das ist die zweite, innerhalb von sechs Tagen. Bereits
am vergangenen Freitag hatten dort 250 Angestellte des öffentlichen
Dienstes demonstriert. Für kommenden Dienstag, 25. Mai, planen
Lehrer und Mitarbeiter des Gesundheitswesens einen Zug durch die
Innenstadt. Für den 8. Juni ist darüber hinaus ein spanienweiter
Generalstreik vorgesehen, zu dem auch Gewerkschaften und
Organisationen auf Mallorca aufrufen.
Auslöser dieser organisierten Empörung ist das Sparpaket, das
Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero Mitte
vergangener Woche präsentierte, um das staatliche Haushaltsdefizit
zu bekämpfen. Sein erklärtes Ziel ist es, 2010 und 2011 insgesamt
15 Milliarden Euro einzusparen und damit die Neuverschuldung von
zuletzt 11'2 Prozent des Bruttosozialprodukts (2009) bis zum Jahre
2013 auf den zulässigen Höchstwert von 3'0 Prozent zu drücken.
Zapatero reagierte mit dem Vorstoß auf den wachsenden Druck der
Weltfinanzmärkte, die Spanien häufig in einem Atemzuge mit
Griechenland nannten und die Iberische Halbinsel als Bedrohung für
die Stabilität des Euro vorführten.
Konkret sieht das Sparpaket Einschnitte bei den Beamten,
Rentnern und Familien vor. Die Angestellten im öffentlichen Dienst
sollen von Juni an auf durchschnittlich fünf Prozent ihrer Gehälter
verzichten, wobei jene Beamte mit höheren Bezügen stärker zur Kasse
gebeten werden sollen. Für sich selbst und seine Minister sieht
Zapatero Einschnitte von 15 Prozent vor. Die Ruheständler sollen
2011 als Beitrag zum Sparen auf eine Erhöhung der Rente verzichten.
Sonderhilfen für Familien wie etwa die einmalige Zahlung von 2500
Euro bei der Geburt eines Kindes (Baby-Scheck) fallen ebenfalls
weg.
Während das Maßnahmenpaket Zapateros von der Europäischen Union
ausdrücklich gelobt wurde, trifft der Sparkurs im Inland keineswegs
auf Gegenliebe. Kritiker werfen Zapatero vor, zu spät, zu
improvisiert und gegen seine bisherige Maxime zu handeln. Denn bis
dato hatte der Sozialist Einschnitte dieser Art abgelehnt. Zapatero
appellierte an die Berufstätigen, sich angesichts der
Wirtschaftskrise solidarisch mit den Arbeitslosen im Lande zu
zeigen. Spanienweit liegt die Erwerbslosenquote bei 20 Prozent. Das
Königreich ist damit Schlusslicht in der EU.
Der balearische Ministerpräsident Francesc Antich, der zuvor mit
seinen Amtskollegen aus den übrigen Landesteilen in Madrid von
Zapatero über das Sparprogramm informiert worden war, bezeichnete
die angestrebten Maßnahmen als „sehr hart”. Gleichwohl unterstrich
er als Parteigenosse Zapateros die Notwendigkeit des Sparpakets.
Antich verwies darauf, dass seine Regierung auf den Balearen schon
früh den Haushalt nach Einschnittsmöglichkeiten abgeklopft hatte.
So fiel der laufende Etat auf den Inseln um knapp sechs Prozent
niedriger aus als im Vorjahr. Das war der größte Rückgang auf der
Ausgabenseite im Vergleich zu allen anderen Regionen.
Nicht betroffen von den Sparmaßnahmen sind nach Antichs Worten
die von Madrid bereits zugesagten Finanzierungsprojekte in die
Infrastrukturen der Inseln.
Den rund 117.000 Rentnern und den knapp 61.000 Beamten und
Angestellten im öffentlichen Dienst auf den Balearen (Letztere
stellen 5'5 Prozent der Bevölkerung) mundet die anstehende
Sparrunde nicht. Dagegen sehen gerade die einfachen Bürger die
Gehaltskürzung bei den Beamten positiv, ergab eine Umfrage der
MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora”.
Die Gewerkschaften kritisierten das Vorhaben als den falschen
Weg. Der Verlust der Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten werde
den Konsum weiter sinken lassen.
Die Arbeitgeber bezeichneten das Sparpaket als einen Schritt in
die richtige Richtung, der allerdings nicht weitreichend genug
sein. Sie forderten weitere flankierende Maßnahmen, um das
Einstellen und Entlassen von Mitarbeitern zu erleichtern. Ein
Hindernis seien die hohen Abfindungen, die gezahlt werden müssten,
wenn Personal entlassen werde. Auf Spanien-Ebene hatten die
Tarifparteien lange an einem runden Tisch mit diesen Fragen
gerungen, ohne zu Kompromissen zu gelangen.
Mit Ausnahme der Sozialisten verurteilten die Parteien auf
Mallorca das Sparpaket der Zentralregierung. Der konservative
Oppositionsführer José Ramón Bauzá nannte das Vorhaben
„demagogisch”. Mit Gehaltskürzungen sei die Krise nicht zu
meistern.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.