Was dem einen sein Pa amb oli, ist dem
anderen sein Butterbrot: Mallorquiner und Deutsche sind .... sich
ähnlicher, als es oftmals scheint? So jedenfalls äußerte sich
gerade wieder ein Leser in der MM-Umfrage „Unter uns”. Bei der
Frage nach den Parallelen zwischen Insulanern und Alemanes stehen
sich, so scheint's, zwei Fraktionen gegenüber: „Einfach nicht
kompatibel”, sagen die einen, „in vielen Dingen sehr ähnlich”, so
die anderen. Und je mehr sie im täglichen Leben miteinander zu tun
haben, desto öfter rückt nicht das Trennende, sondern eher das
Gemeinsame ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Vorsicht ist angebracht bei Vergleichen, die auf nationalen
Grenzen, verschiedenen Herkunftsländern und Sprachräumen beruhen:
Wer würde leugnen, dass ein Deutscher von Sylt wahrscheinlich mehr
mit einem Mallorquiner gemeinsam hat als der mit einem Spanier aus
Andalusien? Was prägend scheint und spätere Gemeinsamkeiten im
Wertesystem begründet, ist der Lebensraum, in dem ein Mensch
aufwächst: Jemandem aus dem Schwarzwald wird die abwartende, fast
verschlossene Art mancher Dorfbewohner aus dem Inselinneren näher
sein als die Extrovertiertheit seines Landsmanns aus Berlin.
Wenn Mallorquiner aufgrund ihrer Insularität im Laufe der
Jahrhunderte etwas gelernt haben, dann ist es dies: Geduld. Was
nicht da war – sondern per Schiff angeliefert werden musste – war
eben nicht da. Statt sich aufzuregen, wurde der Mallorquiner ein
Meister der Improvisation. Wenn das nun vielleicht auch nicht
gerade deutsche Kardinaltugenden sind: „Ein historisch immer wieder
von durchziehenden Völkern geprägtes Land und Einwanderungsziel ist
Deutschland schließlich auch immer gewesen”, so Gerd Kalkreuter aus
Algaida. Sein Vater, gebürtiger Münsteraner, zeige durchaus
Ähnlichkeiten zu den Original-Mallorquinern: „Ein recht
verschlossenes Völkchen.” Die mallorquinische Anwältin Asúncion
Buades, die einige Zeit in Deutschland gelebt hat, sieht eine
gewisse Übereinstimmung ebenfalls in der „Reserviertheit” beider
Nationalitäten beim Kennenlernen: „Deutsche fallen ja auch nicht
gleich mit der Tür ins Haus.” Sei man sich erst nähergekommen,
könne sich eine „Herzlichkeit” entwickeln, die dann echt sei: „Und
die hat in der Regel auch Bestand.” Für den Rezeptionisten Ferrán
Fernandez, der mit der Mallorquinerin Cati verheiratet ist und
beruflich viel mit Deutschen zu tun hat, besteht nach außen
ebenfalls eine Parallele in der „zurückhaltenden” Art, mit der
Deutsche und Insulaner zunächst aufeinander zugingen: „Man könnte
es auch diskret nennen.” Die Erziehung, so kommt es ihm vor, sei
bei den Deutschen dann aber doch deutlich stärker von „Prinzipien”
geprägt als bei den Insulanern, die auch mal fünf gerade sein
lassen könnten: „Bei den Deutschen heißt es eher: So und so ist das
– und nicht anders”, lacht er.
Für Bettina Neumann, die vor knapp acht Jahren von Berlin nach
Mallorca kam, gibt es durchaus mehr gemeinsame Vorlieben als nur
die deftige Kost: „Man denke an all die Eintöpfe, Fleischgerichte,
Kuchen und Torten.” Ein gemeinsamer Wesenszug, so die freie
Journalistin, sei das „vorsichtige Beschnuppern”: „Ein Mix aus
Gastfreundlichkeit, Neugier, Distanz und Misstrauen.” Und noch
etwas habe sie festgestellt: „Trifft man seinesgleichen, wird unter
Mallorquinern gern erstmal ein Witz erzählt, das ist bei uns auch
ganz beliebt.” Eine weitere Gemeinsamkeit sieht sie in der
„Feierfreudigkeit”: „Gern ausgiebig und ausschweifend – aber bitte
mit Anlauf. Die ersten Stunden ist jeder total cool, bloß nicht
viel bewegen oder gar das Tanzbein schwingen. Doch zu vorgerückter
Stunde und nach einigen Gläschen kommt bei allen das
,Südamerikanische' zum Vorschein – das habe ich sogar bei meiner
Verwandtschaft in Norddeutschland erlebt.” Und nicht zu vergessen:
„Besonders ältere Mallorquiner diskutieren gern, am liebsten über
Fußball – kommt einem das nicht bekannt vor?” Karin Moll, die 1977
auf die Insel kam und 44 Jahre mit einem Mallorquiner verheiratet
war, glaubt, dass sich das Verhältnis zwischen beiden Kulturen in
den vergangenen Jahrzehnten sehr geändert habe: „Vor allem die
Insulaner reisen viel mehr und wissen deshalb mehr über die
anderen.” Ob das indes zwangsläufig eine Annäherung der
Mentalitäten bedeute, lässt sie offen: „Mein Mann war Mallorquiner,
doch er sprach mehrere Sprachen. Das ist vielleicht die
entscheidende Voraussetzung für mentale Offenheit und
Flexibilität.” Maria Bischet, die seit 2000 zwischen München und
Llucmajor pendelt, sieht in ihren niederbayerischen Wurzeln
mütterlicherseits die Basis für das Gelingen ihres Inselalltags:
„Wir teilen die Liebe fürs Rustikale: Schweinebraten oder
Spanferkel, Würste oder Sobrassada – das gibt sich nicht viel.” Ihr
bayerischer Dialekt helfe ihr zudem bei der spanischen Aussprache –
„beim rollenden R!” –, und ihre Bodenständigkeit sei fürs
mallorquinische Landleben überaus hilfreich gewesen: „Das
verbindet!” Auch ein Vergleich mallorquinischer und deutscher
Sprichwörter (siehe oben) fördert die ländlich-deftigen Wurzeln der
Insulaner zutage. „Wie man's in den Wald hineinruft ...”
paraphrasiert der Mallorquiner so: „Qui pets envia, merda espera”,
was ein robusteres Gemüt erfordert: „Wer Fürze schickt, erwartet
Scheiße.” Klare Worte, kein Schnickschnack, vor allem: keine
Protzerei – so ist der Mallorquiner. Deutsche, die dieser
Bodenhaftung etwas abgewinnen können, werden sie lieben: die
mallorquinische Erde.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.