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Wandern auf Küstenpfaden, Bummeln durch Palma oder einen Bergtrip mit dem Rennrad - Mallorca steht als Lieblingsinsel der Deutschen nach wie vor hoch im Kurs, vor allem deshalb, weil hier jeder Urlauberwunsch in Erfüllung geht. Doch Wanderwege hin, Altstadtbummel her, die Goldminen der Insel sind und bleiben ihre Strände.

205 große Playas und kleine Buchten, 159 von ihnen mit feinem, weichen Sand bedeckt, locken Jahr für Jahr Millionen Urlauber nach Mallorca. Keine andere europäische Destination kann sich in dieser Hinsicht mit der größten Baleareninsel messen, denn - so zeigen die Zahlen - es gibt für Urlauber scheinbar nichts Schöneres, als einen Tag im warmen Sand zu verbringen. Keine andere Ferienaktivität ist so beliebt wie das Faulenzen am Meer.

Dabei begannen die Mallorquiner erst in den 50er Jahren, den Wert ihrer Strände zu nutzen. An der menschenleeren Playa de Palma entstanden erste kleine Häuschen für einheimische Sommerfrischler, man pflanzte nordafrikanischen Dattelpalmen und präsentierte den Landsleuten die Karibik vor der Haustür.

Bis dahin waren die Küstenstreifen eher wertlos. In Ses Salines sammelte man Salz, in Estellencs schoss man Seehunde, in der Cala des Camps tauchte man nach Kraken und angelte Schermesserfische, und bei Son Real pflückte man "Fonoll marí", den Meeresfenchel. Nur beackern konnte man das Land nicht, und es wurde deshalb immer an den Jüngsten eines Clans vererbt. Steinreiche mallorquinische Hoteliersfamilien sind heute froh, dass ihr Vorfahre nicht der Haupterbe einer Bauernfamilie war.

Heute bietet allein die Playa de Palma 40.000 Betten, doch es gibt einen Masterplan für die "Ballermann-Meile", die einen der schönsten Strände der Insel überhaupt säumt. Dass der 4'6 Kilometer breite Streifen hier vor rund 20 Jahren durch Aufschüttung auf gut 50 Meter künstlich verbreitert wurde, halten Naturschützer zwar für Unfug, für die Wirtschaft der Region war die "Regeneración" aber ein Segen.

Allerdings ist der Strand heute schon wieder schmaler geworden - ein für Meeresexperten normales Phänomen. Das sei sicher keine Katastrophe für den Tourismus, meinen sie. "Strände wachsen und schrumpfen, daran ändern auch Aufschüttungsaktionen oder Dünenschutzprogramme wenig", sagt Alejandro Orfila, Meeresbiologe am Forschungsinstitut IMEDEA (Instituto Mediterráneo de Estudios Avanzados) in Esporles. Heute habe die Playa de Palma ungefähr ihre normale Breite.

Natürlich sei es wichtig, die Strände zu schützen, nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht. Aber ob das Aufstellen von Bastmatten oder die in den vergangenen Jahren häufig propagierte längere Lagerung von Algenbergen wirklich einen effektiven Einfluss auf die Entwicklung eines Strandes hat, daran zweifelt Orfila. "Es schadet sicher nicht, aber letztlich bestimmt das Meer über den Strand."

Die Verantwortlichen versuchen trotzdem, die wertvollen Strände der Insel so gut wie möglich zu schützen. So wacht das dem Umweltministerium in Madrid unterstellte Amt für Küstenschutz (Demarcación de Costas de Balears) in Palma zusammen mit dem nationalen Küstenschutz über Sand und Posidonia-Bänke (Meergras), Dünen und Schäden durch die Strandnutzung.

"Ein gutes Beispiel für unsere Arbeit in den vergangenen zehn Jahren ist sicherlich die Regeneration der Cala Mesquida", erklärt Alejandro Molins, Pressesprecher für Küstenschutz im spanischen Umweltministerium. "Hier haben wir es geschafft, das beschädigte Dünensystem durch Schutzmaßnahmen und Anpflanzungen erfolgreich wieder zu regenerieren." Aber auch Informationskampagnen, der Schutz des Seegrases im Meer oder das Aufstellen von Windschutzmatten hätten gute Ergebnisse gezeigt. "Die Matten zum Sandfang wurden vor allem an den Stränden von Sa Ràpita, Es Trenc, Cala Mesquida, Cala Agulla und Muro aufgestellt." Insgesamt seien 20.000 Meter dieser "Pantallas" auf Mallorca geplant.

Doch besonders heftige Herbststürme wie die von 2001 haben an Stränden wie der Cala Agulla, der Cala Mesquida, am Es Trenc, der Playa de Es Carbó, in Sa Ràpita, Sa Canova oder am Strand von Muro so heftig ge-nagt, dass die Inselregierung sich auch zu tiefgreifenderen Maßnahmen gezwungen sah. Dünenschutzprogramme mit Befestigungen und Neuanpflanzungen wurden aufgelegt, und aus dem Meer wurde tonnenweise Sand an Land gepumpt, um die Folgen der Erosion an den Playas zu bekämpfen. Allein an der Küste von Banyalbufar wurden 2002 mehrere 100.000 Kubikmeter Meeresboden ausgebaggert - veranlasst vom damaligen Umweltminister Jaume Matas. Der Sand diente der Aufschüttung der Strände von Alcúdia, Muro, Can Picafort und Cala Millor.

2005 schaltete sich der europäische Gerichtshof ein und zog neben Alicante, Almería und Valencia auch die Balearen wegen Umweltschäden zur Verantwortung. Ein Grund, warum es heute nicht mehr so einfach ist, Sand aus dem Meer zu baggern. Seit Jahren streiten Umweltschützer, Hoteliersverbände sowie der spanische und balearische Küstenschutz unter Leitung des früheren Tourismusministers (1999-2003) Celestí Alomar darüber, wie der teilweise schon felsige Strand der Cala Agulla wieder regeneriert werden kann. "In Gesprächen zwischen dem balearischen Küstenschutzamt und dem spanischen Küstenschutz in Madrid wurde beschlossen, einen Plan zu erstellen, in dem die Cala Agulla mit Sand direkt vor dieser Küste aufgeschüttet wird", erklärt Alejandro Molins. Auch das balearische Tourismusministerium sicherte Unterstützung zu, nur die Zustimmung des Umweltministeriums in Madrid steht noch aus.

Eine Abfuhr erteilte das balearische Umweltministerium übrigens aktuell dem Antrag des Küstenschutzamtes von Celestí Alomar, das ein Projekt zur Aufschüttung von 10.000 Kubikmetern Sand aus dem Meer gefordert hatte, um die felsige Cala Estellencs in einen Strand zu verwandeln.

Massive Proteste gegen diesen Plan gab es auch aus dem Rathaus von Estellencs: "Das ist eine vollkommen übertriebene Aktion. Wir haben jahrelang dafür gekämpft, dass der Sand vor unserer Küste nicht in den Norden an die Cala Agulla verfrachtet wird. Jetzt kann man doch nicht einfach stattdessen unsere eigene Bucht damit aufschütten", empörte sich Bürgermeister Bartomeu Jover (PP) auf der jüngsten Sitzung.