In der balearischen Politik ist nichts mehr,
wie es einmal war. Pünktlich zum höchsten institutionellen Feiertag
der Balearen, der am Montag begangen wurde, vollzog sich auf
Mallorca ein Wandel, der allenfalls mit einem Erdbeben zu
vergleichen ist: Nahezu über Nacht wandelte sich die politische
Landschaft. Und noch ist nicht absehbar, welche Folgen dieser
Umbruch in der nahen Zukunft haben wird.
Die am vergangenen Samstag von den Medien verkündete Nachricht
schlug ein wie eine Bombe: Die Präsidentin des Balearen-Parlaments,
Maria Antònia Munar, trat von ihrem Amt zurück und kündigte an,
sich aus dem politischen Leben ganz zurückzuziehen zu wollen. Die
Politikerin, die wie keine andere die politische Landschaft der
vergangenen zwei Jahrzehnte auf Mallorca mitgeprägt hatte, zog
damit die Konsequenzen aus einer Serie von Korruptionsskandalen,
die ihre Kleinpartei Unió Mallorquina (UM), deren Ehren-Vorsitzende
sie war, seit gut einem Jahr erschütterten.
Im Visier der Justiz war Munar schon seit Monaten. Doch als
Parlamentspräsidentin genoss sie Immunität. Dann jedoch kamen die
Vorwürfe von einer ganz neuen Seite: Munars langjähriger
Musterschüler, der Ex-UM-Chef und ehemalige balearische
Tourismusminister Miquel Nadal, beschuldigte vor dem
Ermittlungsrichter seine politische Ziehmutter schwer. Munar habe
ihm in ihrem Dienstwagen 300.000 Euro in bar in die Hand gedrückt,
damit er Anteile an einer Filmproduktionsfirma erwerbe, um sie als
Werbeträger für die Partei nutzbar zu machen.
Die balearischen Korruptionsfahnder ermitteln seit Oktober gegen
diese Firma und deren Mitarbeiter sowie gegen zahlreiche
UM-Politiker. Die Vorwürfe beziehen sich auf die vergangene
Legislaturperiode (2003-07), als Munar noch Mallorcas (langjährige)
Inselratspräsidentin war und Nadal den Posten ihres Vize innehatte.
Durch seine Aussagen geriet Munar erstmals in direkten Zusammenhang
mit der Affäre.
Nadal selbst war erst drei Tage zuvor von seinem letzten
politischen Amt als Stadtrat von Palma zurückgetreten. Gegen den
Politiker laufen derzeit mehrere Korruptionsverfahren. Er befindet
sich nur gegen Zahlung einer Kaution von 100.000 Euro auf freiem
Fuß. Zudem musste er auf richterliches Geheiß eine Garantiesumme
für etwaigen Schadensersatz von 600.000 Euro deponieren.
Maria Antònia Munar wies die Vorwürfe Nadals weit von sich, trat
aber von ihren Funktionen als Präsidentin und Abgeordnete zurück,
um, wie sie sagte, dem Ansehen des Parlaments und ihrer Partei
nicht zu schaden.
Die Abdankung von Mallorcas "ungekrönter Königin", wie Maria
Antònia Munar - "MAM" - in den Medien immer wieder einmal
bezeichnet worden war, wirbelte die ohnehin schon konfuse
politische Situation auf den Balearen noch einmal gehörig
durcheinander. Die konservative Opposition forderte sofortige
Neuwahlen. Ministerpräsident Francesc Antich, der seit Anfang
Februar einer wackeligen Minderheitsregierung aus Sozialisten und
Linksblock vorsteht, will hingegen bis zum Ende der
Legislaturperiode im April 2011 durchhalten. In einer
staatstragenden Rede zum Balearen-Tag appellierte er an alle
Parteien, Vernunft walten zu lassen und zum Wohle des Gemeinwesens
zusammenzuarbeiten. Genauso deutlich ließ er durchblicken, das
balearische Staatsruder fest in der Hand halten zu wollen, wie er
sagte. Gleichzeitig entschuldigte er sich bei den Bürgern für das
desolate Bild, das die politischen Institutionen derzeit abgeben
würden.
Das weitere Vorgehen der PP-Opposition wird sich
herauskristallisieren, wenn der Parteitag an diesem Samstag über
die Bühne gegangen ist. Dann wird sich zeigen, ob bei den
Konservativen die Hardliner oder die Gemäßigten das Sagen haben
werden (siehe nebenstehende Meldung).
Eine völlig neue und unerwartete Variante in das fragile
Verhältnis der Mehrheiten bringt der Rücktritt von Munar als
UM-Abgeordnete im Parlament. Listennachrücker ist Mateu Crespí,
Bürgermeister von Santa Eugènia und ein Kuriosum in der
Inselpolitik: Denn Crespí gelangte als Unabhängiger auf die
UM-Liste. Er war Mitglied der Mallorca-Sozialisten PSM. Als diese
vor 2007 das Bündnis mit dem Linksblock suchten, machte er dabei
nicht mit und geriet in die PSM-Abspaltung Entesa. Crespí fühlt
sich weder an die UM-Vorgaben gebunden noch will er erklärtermaßen
mit der PP zusammenarbeiten. Der Unabhängige will hingegen die
Regierung Antich unterstützen.
Bleibt noch die durch die Korruptionsverfahren schwer
angeschlagene UM. Sie will nun im April einen außerordentlichen
Kongress einberufen, um sich als Partei völlig neu zu finden.
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