Deutsche und Spanier sind sich fremd. Zu diesem Schluss kann
gelangen, wer die Fernsehgewohnheiten hier und dort vergleicht. Die
nämlich sind offenbar grundverschieden. Selbst alteingesessene
Mallorca-Residenten wollen meist nicht aufs deutsche Fernsehen
verzichten. Oft ist die Satellitenschüssel die direkteste
Verbindung in die Heimat. "Nur so kann ich auf dem Laufenden
bleiben, was in Deutschland los ist", argumentiert so mancher
Inselresident. Was dagegen die spanische Fernseh-Nation bewegt,
bleibt vielen Deutschen auf Mallorca auch nach Jahren
schleierhaft.
Dabei hält nicht nur die doppelte Sprachbarriere vom Zappen
durch spanische und katalanisch-mallorquinische Programme ab.
Fernsehen funktioniert hier schlicht und einfach anders als in
Deutschland - und daran mag sich nicht jeder gern gewöhnen. Es
beginnt schon mit der Hauptsendezeit. Während die in Deutschland
gleich nach der Tagesschau um 20.15 Uhr los geht, fängt die beste
Fernsehzeit für Spanier fast zwei Stunden später an.
Abend-Spielfilme laufen erst nach den Hauptnachrichten - also ab 22
Uhr. So kann sich das Heimkino wegen schier endloser Werbepausen
gut und gerne bis 1 Uhr morgens hinziehen.
Ein weiteres Hindernis mag der Hang der spanischen Fernsehmacher
zu Klatsch und Tratsch sein. Regelmäßig zerpflückt in hiesigen
Programmen ein ganzes Heer von Prominenten-Reportern in
stundenlangen Schwatzrunden das Privatleben mehr oder weniger
berühmter Personen. Für Außenstehende ist nicht immer
nachvollziehbar, warum die neue Nase der Ex-Frau eines ehemals
hochgerühmten Stierkämpfers eine Expertenrunde zur besten Sendezeit
wert ist.
Generell haben im spanischen Fernsehen seichte Unterhaltung,
lustige Shows, Sport und "People"-Magazine einen noch viel höheren
Stellenwert als in Deutschland. Wer nach etwas mehr Tiefgang sucht,
muss entweder lange wach bleiben oder auf Spartensender ausweichen.
Eine Tradition der Nachrichtenmagazine, die investigativen
Journalismus und Hintergründe liefern, hat sich in Spanien kaum
entwickelt, seit der Fernsehmarkt im Jahr 1988 liberalisiert
wurde.
Noch geringer als er ohnehin schon ist, dürfte der Anteil der
Mallorca-Deutschen, die das spanische Fernsehen verfolgen, durch
eine Neuerung geworden sein: Zum Jahresbeginn fand die Umstellung
auf digitales Antennenfernsehen statt. Wer die spanischen Programme
weiterhin per Antenne empfangen will, muss also nachrüsten. Da das
Geld kostet und Aufwand bedeutet, dürfte so mancher
Residenten-Haushalt in Zukunft ganz auf spanisches TV verzichten.
Obendrein ist die Umstellung von technischen Problemen begleitet,
es häufen sich die Klagen verzweifelter Fernseh-Besitzer, die vor
einem dunklen Bildschirm sitzen. Während die Einführung des
"Überallfernsehens" in Deutschland ein fünfjähriger Prozess war,
haben die spanischen Behörden das digitale Antennenfernsehen in
etwas mehr als einem Jahr durchgepeitscht.
Die Qualität des spanischen Fernsehens ist trotz allem kein
Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Was daran liegen könnte,
dass die öffentlich-rechtlichen Sender hierzulande nicht durch
Gebühren finanziert sind. Eine Entsprechung der 17'98 Euro, die die
Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Deutschland monatlich pro Haushalt
kassiert, gibt es nicht. Dass Fernsehen in Spanien gratis sei, ist
jedoch ein Trugschluss. Denn sowohl der Staatssender RTVE als auch
die Kanäle der Regionalregierungen werden Jahr für Jahr mit zig
Millionen Euro subventioniert. Allein RTVE mit mehr als 500
Millionen Euro, IB3 mit mehr als 60 Millionen und das
Inselratsfernsehen mit 10 Millionen. Letztendlich kommt das jeden
Steuerzahler teurer als die deutsche GEZ-Gebühr.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.