Seit nunmehr 700 Jahren thront das Kastell von Bellver hoch über
Palma und gilt neben der Kathedrale als das bedeutendste
Wahrzeichen der Stadt und der Insel schlechthin. Da ist es kaum zu
glauben, dass verlässliches Kartenmaterial zu diesem Bauwerk und
seiner bewaldeten Umgebung erstmals 1935 angefertigt wurde. Noch
immer gibt der Rundbau – trutzig-wehrhaft nach außen,
verspielt-filigran nach innen – Fachleuten Rätsel auf. In dem
Bauwerk werden geheime Gänge und Verbindungstunnel vermutet, die
das Schloss mit den „Höhlen von Bellver” im Untergrund verbinden
sollen. Erwiesen ist jedoch nichts davon.
Anders als das mittelalterliche Kastell sind die Höhlen dem
Publikum nur einmal im Jahr zugänglich: Aus Anlass des
Patronatsfestes der Stadt zu Sant Sebastià gibt es die seltene
Gelegenheit, tief in die felsige Unterwelt vorzudringen (siehe
Infokasten).
Der Berg, auf dem das Kastell ruht, ist weitgehend hohl. Ein
Steinbruch mit Ausmaßen von 30.000 Quadratmetern bildet dort ein
zerklüftetes Labyrinth und umfasst damit eine viel größere Fläche
als die Burg darüber, samt ihren Verteidigungsgräben und
Ringwällen.
Wie der Autor Pere Galiani im Buch „Les Coves de Bellver” (Palma
2009) schreibt, sind sich Historiker darin einig, dass Palmas
Hausberg ausgehöhlt wurde, um mit dem Gesteinsmaterial das Kastell
zu errichten. Die Sandsteinquader dienten in Palma zudem zum Bau
von Verteidigungsanlagen und Kirchen wie etwa Santa Creu. Die
edelsten Sandsteine zum Verkleiden der Außenfassaden an Kastell und
Kathedrale wurden jedoch aus Santanyí herangeschifft.
Somit wurden die Höhlen von Bellver zu Beginn des 14.
Jahrhunderts von Steinmetzen und einem Heer an maurischen
Arbeitssklaven geschaffen. Sie mussten dort viele Jahre in der
Dunkelheit schuften, in Staub und verbrauchter Luft, bei Wasser und
Brot. Dokumente darüber gibt es nicht, einzig ein Rechnungsbeleg
für Olivenöl ist erhalten geblieben. Das war jener Brennstoff, der
bei den Arbeiten in der finsteren Höhle ein wenig für Licht
sorgte.
Um die Coves von Bellver ranken sich Legenden von Hexen und
Räubern, zu Beginn des Spanischen Bürgerkrieges wiederum dienten
sie dem Militär als Depot für Munition und Benzin. Die Arbeiten zum
Ausbau der Höhlen mussten Gefangene der Franquisten leisten.
Dadurch wurde es möglich, mit Armeelastwagen und schwerem Gerät in
den Berg einzufahren. Später nutzte die Stadt die Stellflächen für
abgeschleppte Autos.
Doch letztlich war der Betrieb der Höhlen zu kostspielig. Ohne
elektrisches Licht geht dort nichts. Aus diesem Grunde sind die
Höhlen fast immer geschlossen.
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