Es war eine Szene, wie sie auch Dieter
Wedel nicht besser hätte inszenieren können. Vielleicht nicht
gerade im Garten der Familie Semmeling aus seinem gleichnamigen
Filmerfolg, aber bestimmt in der Vorstadtvilla des Baulöwen
"Beton-Walter" Wegener (Mario Adorf). 240.000 Euro fanden
Polizeibeamte im Oktober 2008 im Garten der Exfunktionärin des
balearischen Handelsministeriums, Antonia Ordinas, in einer
Blechdose im Blumenbeet vergraben. Die Verdächtige hatte die
Beamten zu der Stelle vor ihrem Haus geführt, und dann - mit
versteinerter Miene und ihrem Hund auf den Schultern - beobachtet,
wie die Beamten das Bargeld zutage förderten, das sie als illegale
Kommission für Gefälligkeiten kassiert haben soll.
Bestechung und Korruption kann laut Psychologen eine Folge von
Gier sein, besonders dann, wenn die Aussicht auf Geld und noch mehr
Geld immer größer erscheint. Während Regisseur Dieter Wedel die
Kulisse seines jüngsten Filmes nach Südafrika verlegte - als
Vorlage zur Filmidee diente ihm die spektakuläre Geschichte des
ehemaligen Millionenbetrügers Jürgen Harksen (siehe auch MM
52) - hätte der Filmemacher auch auf Mallorca eine passende Kulisse
gefunden. Ob korrupte Bürgermeister, Bauskandale, gefälschte
Genehmigungen, illegal gezahlte Kommissionen oder Politiker, die in
Bestechungs- und Drogenskandale verwickelt waren, Mallorcas
Lokalpresse hatte in den vergangenen Jahren jede Menge filmreife
Stoffe zu bieten. "Aber Gier und Korruption sind natürlich ein
universales Problem und keinesfalls typisch mallorquinisch", sagt
Pep Matas. Der Mallorquiner, der als Ressortleiter bei der
Tageszeitung Ultima Hora seit Jahren mit Kriminalität und
politischen Skandalen beschäftigt ist, sieht mehrere Gründe für die
jüngste Häufung der aufgedeckten Korruptionsfälle auf der Insel.
"Zum einen leben wir hier auf einem kleinen Eiland, jeder kennt
jeden, das kann Vetternwirtschaft begünstigen, aber auch
behindern." Macht - ob politisch oder finanziell bedingt - sei
erfahrungsgemäß eine wichtige Voraussetzung für Gier und daraus
folgende kriminelle Energie. "Illegale Genehmigungen werden hier
oft auf dem kleinen Dienstweg erteilt, weil man die wichtigen Leute
kennt, vielleicht sogar mit ihnen verwandt ist. Allerdings wird
offensichtlich nicht immer bedacht, dass durch das Agieren auf
kleinem Raum kriminelle Machenschaften auch leichter auffliegen."
Auf Mallorca führte ein Skandal zum nächsten, teilweise waren
dieselben Personen in mehrere Korruptionsfälle verwickelt.
Gier und Korruption gebe es unter bestimmten Voraussetzungen
natürlich überall auf der Welt. Doch eine solche Konzentration von
Korruptionsfällen wie während der Zeit, als Jaume Matas
Ministerpräsident der Balearen war, sei schon spektakulär. "Nie
vorher habe ich eine derartige Anhäufung von kriminellen
Machenschaften in der politischen Landschaft der Insel erlebt wie
zwischen 2003 und 2007, als die PP an der Regierung war", sagt Pep
Matas. "Es wurden Projekte geplant und angeschoben - wie die Metro
oder die Palma Arena -, die mit Pfusch und unter Zeitdruck
fertiggestellt wurden, Hauptsache, die Kommissionen konnten vor
Ende der Amtszeit eingestrichen werden." Dass in den vergangenen
zwei Jahren so viele Skandale auf Mallorca aufgedeckt worden sind,
hänge außerdem entscheidend damit zusammen, dass Matas und seine
Getreuen 2007 nicht wiedergewählt worden waren. "Da blieb keine
Zeit zum Vertuschen, die Opposition fing an zu graben, aber sie
kriegen wieder nur die kleinen Fische, und der Schlimmste von allen
wird davonkommen", befürchtet Pep Matas. Denn, so ist sich der
Journalist sicher, es gebe Gerechtigkeit für die Armen und
Gerechtigkeit für die Reichen. Und Letztere könnten fast immer
durch Geld und gute Beziehungen ihren Hals retten.
Ob durch die jüngsten Skandale jetzt bessere Kontrollmechanismen
gegen korrupte Politiker oder bestechliche Beamte geschaffen
würden, das bezweifelt Pep Matas. "Es wird sicher Jahre dauern, bis
Mallorca einen zweiten Jaume Matas erlebt. Aber es wird bestimmt
auch immer Menschen geben, die Wege finden, sich illegal zu
bereichern."
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