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José Climent senkt die Stimme: „Es gibt hier in Sóller viele Leute, die Dinge gesehen haben”, sagt er und blickt aus den Augenwinkeln zum Nebentisch. „Die meisten geben das aber nicht zu.” Jetzt flüstert er beinahe. „Weil sie Angst haben, für verrückt erklärt zu werden.”

Auch José Climent hat „Dinge” gesehen. Genauer gesagt: Ufos. Und er hat sogar Fotos davon. Eines davon machte ihn landesweit berühmt. Aufgenommen hat er es in der Nacht zum 11. November 1979.

„Ich kam aus dem Kino”, sagt er. „Spätvorstellung.” Auf der Straße eine Menschenansammlung, alle Blicke gen Himmel gerichtet. Und dort oben war es zweifellos zu sehen: ein helles Licht, ein großer Gegenstand, der sich bewegte. „Das große Schiff”, sagt Climent. „Und mehrere kleine Schiffe kamen daraus hervor.” Er lief zu seinem Auto, in dem die Minolta-Kamera lag. Eilig packte er sie aus und drückte ab.

Noch heute, fast genau 30 Jahre später, blitzt sein Blick, wenn er von jener Herbstnacht erzählt, in der er später kein Auge zutat. Schweißperlen glitzern auf seiner Stirn, während er wild gestikuliert. Die zwei Männer am Nebentisch blicken verstohlen herüber.

José Climent – „Pep”, wie er hier in Sóller heißt – ist als „Ufologe” bekannt. So nennt ihn zumindest der Barmann, mit einem Augenzwinkern.
Climent, 56 Jahre alt, hat sein Leben lang als Automechaniker gearbeitet. Der untersetzte Mann mit den kräftigen Händen wirkt nicht wie einer, der nächtelang im Gebirge zubringt beim Warten auf die Ankunft Außerirdischer. Oder der sich mit Gleichgesinnten auf einem Gipfel verabredet, um positive Energie ins Weltall auszusenden. Oder der an die Existenz einer Unterwasserbasis auf dem Meeresgrund vor der Küste von Sóller glaubt, von der aus die Ufos zu Erkundungsflügen über die Insel aufbrechen.

„Damals wollte jemand Kontakt mit uns aufnehmen”, sagt Climent. „Wir sind aber geistig nicht darauf vorbereitet. Wir haben nicht das nötige kulturelle Niveau. Darum ist der Kontakt nicht zustande gekommen.” Climents Geschichte wäre wohl sogleich als spinnerte Idee abgetan worden. Es kam aber anders.
Denn in derselben Novembernacht des Jahres 79 kam es am Himmel über Mallorca zu einer weiteren merkwürdigen Begebenheit: Ein Passagierflugzeug mit mehr als 100 Urlaubern an Bord, das auf dem Weg von Österreich in Richtung Kanaren war, musste außerplanmäßig in Valencia-Manises zwischenlanden. Der Pilot war eines unbekannten Objektes gewahr geworden, das sich in einiger Entfernung zum Flugzeug hin und her bewegte und in unheimlichem rotem Licht erstrahlte. Mehrere Personen beschworen später, dieses Licht ebenfalls gesehen zu haben. So groß war die Verunsicherung, dass sogar ein Jagdflugzeug der spanischen Luftwaffe aufstieg und fast zwei Stunden lang das Flugobjekt verfolgte.

Was wie die Ausgeburt eines besonders erfindungsreichen Geistes klingt, findet sich wortwörtlich im spanischen Parlamentsblatt von 1980 wieder. Der sozialistische Abgeordnete und spätere Justizminister Enrique Múgica hatte die vermeintlichen Fakten aus jener Novembernacht gesammelt und wollte nun von der für Verkehr zuständigen Kommission wissen, was es damit auf sich habe. Eine befriedigende Antwort hat auch er nicht bekommen.

Ebenso wenig wie José Climent. Bis heute wird der sogenannte „Fall Manises” in Ufologen-Kreisen heftig diskutiert. Climent wurde der Fälschung bezichtigt – nichts anderes als der Sonnenaufgang sei auf dem Foto zu sehen. Außerdem kursieren verschiedene Versionen von jener Nacht. Während es bisher immer hieß, er sei im Gebirge gewesen, als er das Foto machte, beteuert er nun, auf dem kleinen Vorplatz der Markthalle gestanden zu haben, als er auf den Auslöser drückte.

Für José Climent aber gibt es keine Widersprüche. „Soll jeder denken, was er will: Ich weiß, was ich gesehen habe”, sagt er – mit lauter Stimme, so dass es auch die beiden Männer am Nebentisch hören können.