Zäh tuckert der Konvoi die schmale Straße
entlang Richtung Ses Covetes. Es ist die sommertägliche Prozession
zum Wallfahrtsort der Sonnenanbeter und Beachfreaks: Es Trenc.
Mallorcas größter Natur- und aktueller Lieblingsstrand Nummer eins
der Insel. Doch vor der Strandsiesta muss erst fahrerisches Können
unter Beweis gestellt werden. Das Manövrieren auf dem zugeparkten
Weg mit Gegenverkehr hat etwas vom Einfädeln in ein kleines
Nadelöhr. Und dann ist plötzlich Schluss: Unbeirrbar winkt der
Polizeibeamte die Autos zurück, sperrt für die nächsten Stunden die
Strandzufahrt. Es Trenc vorübergehend geschlossen. Overbooking.
Eine Szene, wie sie sich bereits mehrmals am Wochenende
abgespielt hat. Und wir sie wohl immer häufiger erleben werden:
Rund 15.000 Besucher wurden am vergangenen Sonntag an dem rund neun
Kilometer langen Abschnitt zwischen Sa Ràpita und Colònia de Sant
Jordi gezählt. Ein Rekordwert.
Kein Wunder - denn wer einmal diesen sagenhaften Strand besucht
hat, will immer wieder hin. Er ist eines der letzten Paradiese
dieser Insel: Ein schier endloser Sandgürtel mit weich
geschwungener Dünenlandschaft vor einem anmutigen
Aleppokiefernwald. Karibikstimmung liegt in der Luft: Das Wasser
schillert in Helltürkis und so glasklar, dass man jeden einzelnen
Zeh wahrnehmen kann, der sich in den weißen Meeresboden bohrt.
Noch vor gut 15 Jahren badeten hier vor allem die Bürger der
Gemeinde Campos, Touristen fanden nur vereinzelt hierher. Die
Badetücher lagen hundert, zweihundert Meter voneinander entfernt,
man kannte sich. Um die Jahrtausendwende dann wurde Es Trenc zum
sogenannten "Geheimtipp".
Das ist er schon lange nicht mehr. Auch die veränderte
Infrastruktur der Region hat indirekt ihre Spuren im Sand
hinterlassen: die bessere Autoanbindung nach Campos. Oder der
Wandel der einstigen Sommerdörfchen Sa Ràpita oder S' Estanyol zu
Wohnorten für Palma-Pendler. Dazu das internationale Interesse:
Selbst große Touristikunternehmen vermarkten das Idyll an der
Südspitze. "Traumstrand Es Trenc" heißt ein Ausflug der TUI España:
Für 13'95 Euro führt laut Programmbeschreibung der Reiseleiter die
Urlauber an die "ruhigeren Plätze" des Strandes. Diese zu finden,
dürfte immer schwerer werden.
Doch der Ansturm ist alles andere als nur ein ästhetisches
Problem. Hier geht es um die Zerstörung eines Garten Eden. "Es
Trenc - das ist in etwa so, wie die Playa de Palma oder der Strand
von Alcúdia noch aussehen könnten, wenn sie nicht vor vierzig
Jahren bebaut worden wären", erklärt Lluís Gómez-Pujol,
Strandexperte beim Forschungsinstitut Imedea. Dass Es Trenc heute
nicht ebenfalls im großen Stil erschlossen ist, ist dem vehementen
Engagement der lokalen Umweltschutzorganisation GOB zu verdanken,
die sich seit der ersten großen Protestaktion im Mai 1978 immer
wieder für den Strand stark machte. Nach Großdemonstrationen 1984
wurde er zum Naturgebiet von besonderem Interesse (ANEI) erklärt,
1991 dann zum Schutzgebiet.
Das bedeutete zwar ein Bauverbot - aber keinerlei Maßnahmen zur
sinnvollen Pflege des Areals. Diese soll nun ein neuer Umwelt- und
Landschaftsschutzplan (PORN) regeln, der derzeit vom Inselrat in
Zusammenarbeit mit der Gemeinde Campos und dem Umweltministerium
ausgearbeitet wird. Er soll Es Trenc zum Naturpark machen.
Angelpunkte sind Lösungen für die schwierige Parkplatzsituation und
eine damit verbundene dauerhafte Zugangsbeschränkung.
Denn der Strand hat in den vergangenen Jahren stark abgebaut:
und das vor allem Sand (siehe auch Seite 61). Um die zehn Meter in
der Breite, aber auch an Höhe: Steckten die alten Bunker, ein
Überbleibsel der Franco-Zeit, einst bis knapp unter die
Schießscharten im Sand, liegen sie heute blank. "Früher war der
Abstand vom Bunker zum Grün genauso wie der Abstand zum Wasser",
erinnert sich die in Sa Ràpita lebende Maria Teresa Troja, die den
Strand das erste Mal 1979 sah: "Damals war er ein Traum. Heute
leide ich, bedauern wir Anwohner alle hier, wie schmal und kahl er
geworden ist."
Wenn sie abends an den Strand gehe, blute ihr das Herz, wie sehr
er von den Besuchern in Mitleidenschaft gezogen werde: "Er ist so
zertrampelt, als sei eine Horde wilder Tiere durchgestürmt." Früher
habe sich der Strand zum Herbst hin immer wieder erholt, "aber die
Saison wird immer länger, im Oktober ist noch so viel los wie im
Juni. Das ist zu viel für den Strand".
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.