Vielleicht sollte man einmal ernsthaft
erwägen, das Prozedere bei den Europawahlen so zu ändern, dass
Wahlhelfer die ausgefüllten Stimmzettel einfach bei den Wählern zu
Hause abholen. So ließe sich dann möglicherweise doch noch der eine
oder andere Bürger mehr zum Kreuzchenmachen bewegen. Denn dass die
Stimmabgabe eine Bringschuld ist, hat sich bei der kontinentalen
Parlamentswahl noch immer nicht durchgesetzt: Auch an diesem 7.
Juni wird aller Voraussicht nach nur jeder Dritte EU-Bürger auf
Mallorca an die Urne gehen. Eine Überraschung ist das derweil
nicht. Denn Europa ist weiterhin eine ausgezeichnete Idee – mehr
aber auch nicht.
Freizügigkeit, eine gemeinsame Außenpolitik, die Umverteilung
des Geldes von den reichen zu den armen Mitgliedsstaaten – gut und
schön. Gerade Mallorca hat von den jahrzehntelangen
Subventionszahlungen der EU profitiert. Im Alltag aber verstricken
sich die Insulaner noch immer im undurchsichtigen Dickicht aus
spanischen Gesetzen, europäischen Richtlinien und dem, was die
mallorquinischen Behörden daraus machen. Paradebeispiel ist der
Führerschein. Der gilt zwar laut EU europaweit, Spanien aber
erlaubt sich, die Gültigkeit an einen Gesundheitstest zu koppeln,
der in regelmäßigen Abständen zu bestehen ist. Die mallorquinischen
Behörden wiederum sind gar nicht in der Lage, ausländische
EU-Bürger auf ihre Fahrtüchtigkeit hin zu überprüfen – und der
Dorfpolizist von nebenan hat im Zweifelsfall ohnehin noch nie etwas
von alldem gehört.
Es sind aber nicht allein die legalen Fallstricke, die die
Identifikation mit Europa bis heute hemmen. Auch die
wirklichkeitsfremde Politik aus Brüssel sorgt für Verdruss. In
vermutlich bester Absicht gelingt es den Beamten dort erstaunlich
häufig, bestehende Missstände noch zu verschlimmbessern. Da möchte
man den Unionsbürgern auf Mallorca das Leben erleichtern und
schafft kurzerhand die Residentenkarte ab – ohne zu bedenken, dass
diese für viele Menschen das einzige handliche Ausweisdokument ist.
Bis wahre Begeisterung für Europa entsteht, wird sich noch einiges
ändern müssen.
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