Nehmen Sie – weil Sie mir so viel Glück
gebracht haben!“ Die junge Frau streckt dem Einweiser, der ihren
sperrigen Wagen gerade in die schmale Lücke gelotst hat, ein
Zwei-Euro-Stück hin. Doch der lehnt kopfschüttelnd dankend ab – die
Frau ist verwirrt. Bislang wurden Autofahrer in Palma an vielen
Plätzen doppelt zur Kasse gebeten: Einmal am Parkscheinautomat und
einmal von selbst ernannten Parkwächtern, die für ihre freiwilligen
Dienste, meist das Heranwinken in eine freie Parklücke, von den
Autofahrern Geld verlangen.
Damit soll über kurz oder lang Schluss sein: Die Stadt Palma hat
vor wenigen Tagen ein Pilotprojekt gestartet und an acht zentralen
Zonen insgesamt 21 von der Stadt angestellte Wächter postiert. „Die
Figur des Parkplatzwächters gab es schon, als ich Kind war“,
erinnert sich der 45-jährige Jaume Canaves Fuentes, Pressesprecher
der Stadt. „Allerdings waren das einige wenige altbekannte
Personen, die nie Ärger machten und zu denen man Vertrauen haben
konnte.“ Dies habe sich in den letzten vier, fünf Jahren gewandelt,
„viele sind verkrachte Existenzen, Alkohol- oder Drogenabhängige,
unfreundlich oder gar gewalttätig, Leute, vor denen man Angst
bekommt, wenn man mal kein Geld hat, um sie zu bezahlen.“ Immer
wieder sei es zu Vorfällen gekommen. Vor rund einem Jahr etwa hatte
ein rumänischer Parkplatzwächter einen Autofahrer mit einer
zerbrochenen Flasche angegriffen, ihm mehrere Schnittwunden
zugefügt. „Der neue Service ist doch klasse, endlich muss man sich
nicht mehr sorgen, dass sie dir das Auto verkratzen, weil sie aus
irgendeinem Grund wütend auf dich sind“, freuen sich Martin Mora
und Esteban Avilez, als sie beim Parken auf der Plaça Sant Francesc
auf die neuen Stadtwächter Isabel Lizancos und Antonio García
treffen.
Die Anwesenheit der beiden tut not, auf dem kleinen Platz ist
Verkehrs-chaos angesagt. Während Antonio einwinkt und das
Weiterfahren regelt, zeigt Isabel, wo Fahrer ihren Wagen auch
außerhalb eines ausgewiesenen Parkplatzes abstellen können. „Es
sind ja nur ein paar Minuten, Mamas, die ihre Kinder nebenan in der
Schule abholen wollen. Da drück ich gern ein Auge zu“, erklärt sie.
Die städtischen Wächter sind auch mit einem Stadtplan ausgerüstet,
um Wege erklären zu können und mit einem Handy, um im Notfall Hilfe
zu rufen.
1000 Euro beträgt ihr Monatslohn. „Ich war fünf Jahre
arbeitslos“, erzählt Isabel, „Antonio acht Monate. Was sind wir
dankbar für diese neue Arbeit!“ Ihre Freud ist der alten
Parkplatzeinweiser Leid, denn die sollen – nachdem in der
Vergangenheit das Vertreiben durch die Polizei oder das Verteilen
von Strafen keinerlei Wirkung gezeigt hatte, nun von alleine das
Weite suchen, beziehungsweise dann in soziale Auffangprogramme
integriert werden.
Die unerwartete städtische Konkurrenz sorgte bereits an vielen
Plätzen für hitzige Rivalitäten: „Viele unserer Kollegen mussten
sich von illegalen Wächtern beschimpfen lassen, in einigen Fällen
musste die Polizei einschreiten“, erzählt Antonio. An der Plaça
Sant Francesc sei der Wechsel ruhig verlaufen. „Einer der Wächter
ging am zweiten Tag, sagte, er wolle keinen Ärger.“ Sein Kollege,
Rafael Lozada Cortès, lehnt zurückhaltend im Schatten eines Baumes.
Seit 20 Jahren sei er hier der Einweiser, erzählt er mit leiser
Stimme, „die Leute kennen mich. Es gab nie Probleme. Ich kassiere
ein Krankengeld vom Staat, hab mir hier immer was dazuverdient.
Jetzt warte ich mal ab, was sich noch so tut.“ An der Plaça des
Mercat zog die Stadt nach wenigen Tagen die neuen Wächter zurück,
weil sich der dort Alteingesessene als vertrauenswürdig erwiesen
hatte. „Vielleicht schaffen sie die Stellen wieder ab“, hofft
Rafael. Denn nicht alle halten das Projekt für eine gute Idee: „Ich
sehe keine Notwendigkeit, jeder kann sein Auto selbst abstellen“,
meint Miguel Escudero, und Pedro Isquierda argumentiert: „Die
kosten uns kein Trinkgeld, weil sie das nicht annehmen dürfen, aber
dafür Steuergelder!“ Das Pilotprojekt ist auf sechs Monate
beschränkt. Eventuell wolle man dann auch anderen „Illegalen”
Stellen anbieten, heißt es bei der Stadt. „Wenn die Interesse
haben“, zweifelt Isabel, „die machten nämlich schwarz mehr als 1000
Euro. Mir hat einer gesagt, unter 70 Euro am Tag stehe er nicht
auf!“ Bis dahin wird Rafael Lozada Cortès nur halbtags „arbeiten.“
Um 15 Uhr machen Isabel und Antonio Feierabend. Dann tritt er aus
dem Schatten der Bäume, und die Plaça ist wieder sein Revier.
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