Es heißt, die Frauen von Sa Pobla stellen den Reis auf den Herd
und gehen danach in aller Ruhe in die Messe. Das mag übertrieben
sein. Fest steht: Der „Arroz Bombita“ wird selten matschig, die
einzelnen Reiskörner bleiben fest und intakt. Die Körner erlangen
beim Kochen das Dreifache ihres Umfanges im rohen Zustand und
saugen so alle Gewürze besonders gut auf. Deshalb ist auch kaum ein
anderer Reis so gut geeignet für die Paella oder den
mallorquinischen „Arroz brut” wie dieser.
Der „Arroz Bombita” kommt ursprünglich aus der Provinz Alicante,
aus dem Ebro-Delta. Dort wurde er im 19. Jahrhundert zuerst von
einem ehemaligen Torero, Ricardo Torres Reina, genannt „El Bombita“
angebaut. Daher bis heute der Name.
Die Gesamtanbaufläche von Reis auf Mallorca beträgt rund 30
Hektar. Nur noch drei Hektar davon befinden sich im Feuchtgebiet
Albufera auf Gemeindegebiet Muro. Der Löwenanteil der Inselernte
wächst in Sa Pobla; und 25 Kleinbauern widmen sich dem Reisanbau.
„Das ist Schwerstarbeit“, sagt der „Arrocero” Miquel Siquier Soler.
„Die Saat erfolgt im April, während der Reifezeit müssen die Felder
stetig bewässert werden. Ende September ist Erntezeit; danach
werden Körner sortiert, getrocknet, verpackt.“ Reis auf Mallorca
braucht wie überall sonst viel Feuchtigkeit, wird aber nicht mehr
auf Sumpffeldern angebaut. Die Wasser der Albufera gelten durch
überhöhte Düngung in den umliegenden Regionen ohnehin als zu
nitrathaltig. Neue Reissorten können auf Trockenfeldern gepflanzt
werden, vorausgesetzt, sie werden alle zwei Tage, nachdem die
ersten Spitzen der Pflanzen aus der Erde herausschauen, bewässert.
Stundenlang. Außerdem sollte der Grundwasserpegel unter den
Reisfeldern nicht zu tief liegen.
Auf den Feldern von Miquel Siquier stößt man teils schon bei
sechs Meter Tiefe auf Wasser. „Wenn der Grundwasserspiegel bei
hundert Metern und tiefer liegt, kann man Reisanbau vergessen“,
weiß er aus Erfahrung.
Allerdings sind die Reispflanzen auch ziemlich resistent gegen
alle Arten von Schädlingen und Krankheiten.
Die Ernte wird inzwischen maschinell durchgeführt; Handarbeit ist
nur noch an schlecht zugänglichen Ecken nötig. Danach wird der Reis
ausgelegt und getrocknet. Dieser Prozess dauert etwa drei Tage. Man
wendet und dreht die Körner mit Händen und Füßen. Nur so geht
jedwede Feuchtigkeit verloren; nur so kann der Reis später gelagert
werden, bis zu drei Jahren
Das Schälen besorgen heute ebenfalls Maschinen. Joan Socies, einer
der Reisbauern von Muro, erinnert sich noch an alte Zeiten, als der
Reis in einem Mörser bearbeitet wurde. Praktisch jedes Korn musste
einzeln in die Hand genommen werden: „Wir haben damals immer nur so
viel geschält, wie wir für den Gebrauch gerade benötigten.“ Nach
dem Schälen bleibt der Reis „integral”; erst die Entfernung eines
feinen weiteren Häutchens macht ihn strahlend weiß.
Francesc Crespì Socies ist 85 Jahre alt und kennt den Reisanbau
seit seinem zehnten Lebensjahr. Seitdem hasst er aus tiefstem
Herzen die „Feinde“ der Reispflanzen: Ratten und Spatzen: „Die
Spatzen nehmen im Flug viele Reiskörner auf einmal auf, verspeisen
aber immer nur eines. Alle anderen gehen verloren.“ Reisanbau hat
kulturelle Spuren in der Region der Albufera hinterlassen, in
Liedern, Spruchweisheiten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden
noch 319 Hektar von rund 500 Personen bewirtschaftet. Dann kam der
Niedergang; der Anbau wurde unrentabel. Heute hat der „Arroz
Bombita” wieder eine Renaissance; bringt den Bauern im
Direktverkauf immerhin etwa drei Euro pro Kilo. In diesem Jahr wird
er zum ersten Mal unter dem Namen „Arrossos Sa Marjal“ auch nach
Deutschland exportiert.
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