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Nur Cabrio fahren ist schöner: Der milde Herbstwind weht einem auf dem „Sonnendeck” des knallroten „Citysightseeing-Bus” jedenfalls nicht weniger um die Nase. Zudem thront der Palma-Tourist im Doppeldecker über den profanen Dingen des Alltags: Über Autoverkehr und Abgase ist man da oben erhaben.

Für Touristen wie Residenten hat die Frischluft-Perspektive ihren Reiz: Erstere können die Stadt per Schnelldurchlauf kennenlernen und checken, welche Ecken von Palma sie wiedersehen müssen. Wer hier lebt, betrachtet vertraute Straßenszenen aus einem anderen Winkel: die alten Männer beim Petanca-Spiel, die Zeitung lesende Blumenverkäuferin auf den Ramblas, die kamerabewaffneten Touristen auf Motivsuche. Mit den Flamenco-Klängen im Ohr, auch wenn sie etwas scheppern – vielleicht, weil die Kopfhörer, die im Preis inbegriffen sind, sie schon die ganze Saison strapazieren – fühlt man sich auf einmal auch fast ein bisschen „zu Besuch”.

Fünf Doppeldecker der City-Bus-Linie 50 sind im 20-Minuten-Takt unterwegs, um dem Palma-Besucher die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu zeigen. In acht Sprachen – „Für Deutsch die Fünf”, erklärt Busfahrer Jaime beim Einsteigen – wird er über Kopfhörer (am Sitz befinden sich die Buchsen zum Einstöpseln) über die Highlights der Tour informiert. Dass Jaume I. Palma unter dem Namen „Ciutat” anno 1276 zur Hauptstadt des Königreiches erklärte. Dass die „Vía Roma” ihren Namen 1937 zu Ehren der hier stationierten italienischen Soldaten erhielt. Dass sich in der Kirche Sant Francesc das Grabmal des Philosophen Ramon Llull befindet. 75 Minuten Geschichtsmarathon, der manchen Sonnendeck- Gästen wohl zu anstrengend ist – ohne rote Minihörer im Ohr unterhalten sie sich lieber angeregt.

Wer mag, kann an jeder der 16 Haltestellen aussteigen, um eine Besichtigung vor Ort zu machen: „Das Ticket für 13 Euro gilt 24 Stunden”, sagt Jaime. Oben, am „Castell de Bellver”, gehen auch heute wieder recht viele Gäste von Bord, um von hier den Blick auf den Hafen und die ganze Stadt zu genießen. Der nächste City-Bus kommt bestimmt.

Kurz vor Schluss, am Hafen, die Durchsage: „Verehrter Fahrgast, bitte bleiben Sie während der gesamten Fahrt sitzen.” Endlich kommt einem wieder etwas Spanisch vor. Besser spät als nie.