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Die Einführung ist showtechnisch auf der Höhe der Zeit: Ganz vorsichtig betreten die Besucher den Saal, denn sie gehen auf Glas. Der Blick richtet sich auf den jahrhundertealten Steinboden darunter, der geheimnisvoll illuminiert ist. Dem Film vorne auf der Leinwand folgt ein weiterer Lichteffekt: Plötzlich werden Exponate sichtbar, die bisher hinter den Seitenwänden aus Stoff verborgen waren.

Typisch mallorquinisch, dieses neue Finca-Museum bei Can Picafort. Die Gebäude von Son Real sind von außen völlig unscheinbar, dabei beinhalten sie einen Schatz. Mit dem "Interpretationszentrum" Son Real ist Mallorca um eine Attraktion reicher geworden. Prädikat: wertvoll.

Hier ist nicht einfach nur alter Krempel angehäuft worden. Man hat die Exponate behutsam ausgewählt und nach Themenbereichen sortiert, das Ganze äußerst ansprechend und neuzeitlich präsentiert. Und zwar auch auf Deutsch. Alle Hinweistafeln sind viersprachig abgefasst - mallorquinisch, spanisch, englisch und eben deutsch.

Aber es geht ja nicht nur um diese Säle, Son Real ist auch Freilichtmuseum und Naturpark.

Zu verdanken haben Mallorquiner und Gäste die neue Einrichtung einer sehr unpopulären Steuer: der sogenannten Touristen- oder Ökosteuer, die in der erste Legislaturperiode des heutigen Ministerpräsidenten für so viel Furore gesorgt hatte. Eine der ersten Anschaffungen aus Mitteln der "Ecotasa" war die Finca Son Real. Inzwischen sind sechs Jahre vergangen, sechs Jahre, in denen das Landgut für drei Millionen Euro für die öffentliche Nutzung präpariert wurde. Und die Arbeiten sind noch lange nicht abgeschlossen.

Son Real ist aus mehreren Gründen von besonderer Bedeutung: Das Häuser-Ensemble ist im Original mitsamt der Einrichtung erhalten; das 380 Hektar große Areal beherbergt mit die wichtigsten archäologischen Ausgrabungsstätten Mallorcas, und die Ökosysteme reichen vom Feuchtgebiet über den Steineichenwald bis hin zum Buschland mit einer großen Population an Landschildkröten.

So sollte man genügend Zeit mitbringen beim Besuch von Son Real - und die Badehose obendrein. Denn nach dem Museumsbesuch sei ein Spaziergang zum nahen Meer empfohlen. Die Schotterwege zwischen zwei und vier Kilometer Länge sind fast eben, gut begehbar und bestens ausgeschildert. Sie können auch mit (Leih-) Rädern befahren werden.

Highlight der Exkursion ist die talaiotische Begräbnisstätte an der "Punta des Fenicis", unmittelbar am Meer gelegen. Die gut erhaltenen Gräber sind mit das Wertvollste, was Mallorca in Sachen Archäologie zu bieten hat.

Gleich daneben befindet sich eine kleine Playa, wo das Wasser stets glasklar ist. Wer genau hinsieht, wird unzählige kleine Muscheln entdecken - hier zeigt sich besonders gut, dass der Sand an Mallorca Stränden weitgehend organischen Ursprungs ist. Und mit ein wenig Glück finden Sie die für Mallorquiner so wertvollen "Piedras de Santa Lucia", denen Heilkräfte vor allem bei Augenleiden zugesprochen werden. Diese Steinchen sind die Reste einer Muschel mit der Zeichnung einer Spirale.

Es gibt also viel zu entdecken in Son Real. Zumal auf dieser großen Finca, auf der einst bis zu 100 Menschen lebten, fast alles betrieben wurde, was das Mallorca von einst prägte, vom Ackerbau über die Fischerei und die Steinbrüche bis zum Schmuggel. Son Real ist wie Abbild der ganzen Insel.

Die Vielsprachigkeit und die museumspädagogische Qualität machen die Sammlung im Landgut sowohl für Einheimische als auch ausländische Besucher interessant. Es wird deutlich, warum bestimmte Dinge für die Mallorquiner noch heute von so großer Bedeutung sind. Son Real gibt Einblicke in die mallorquinische Seele, wenn wir etwa lesen: "Auf dem Land war die Zeit ein Teil der Natur, und diese gilt es zu respektieren. Man kann sie verwalten, aber nicht neu erfinden." Die Museumsmacher mahnen, diese alte Welt auch als Vermächtnis für die Zukunft zu sehen.

Museumsgut Son Real, an der Landstraße
Can Picafort - Artà, km 17'7. Ganzjährig täglich von 10 bis 19 Uhr geöffnet (ab Oktober bis 17 Uhr). Eintritt fünf Euro (Kinder bis zwölf Jahre frei); Ermäßigungen für
Gruppen und Inhaber der Grünen Umweltkarte.