Das Telefon stand nicht still nach dem Unglück
von Madrid. Tragödien wie diese, sagt Diplom-Psychologe Marc Roman
Trautmann, Leiter des Deutschen Flugangst-Zentrums (DFAZ), führen
immer zu einer großen Verunsicherung auch bei Menschen, die von der
Angst vorm Fliegen sonst nicht betroffen sind. Auch die aktuelle
MM-Umfrage zeigt: Über 60 Prozent der Leser haben „mehr oder
genauso viel Angst” wie vorher.
Doch so tragisch es ist, so der Psychologe: „Ich kann und darf
aus einem Einzelunglück, keine falschen Schlüsse ziehen – weder auf
die Flugsicherheit insgesamt noch auf die einzelner Airlines.” Um
„die Angst vor der Angst” in den Griff zu kriegen, müsse man sich
gedanklich weg von Horrorszenarien hin zu Faktenwissen bewegen:
„Tatsache ist, dass es nirgendwo im Leben eine hundertprozentige
Sicherheit gibt. Und Tatsache ist, dass das Flugzeug mit Abstand
das sicherste Verkehrsmittel ist.”
Auch wenn Faktenwissen allein noch nichts gegen Flugangst
ausrichten kann – ein Blick in die Statistik beruhigt.
„Berücksichtigt man die 4'5 bis fünf Milliarden Flugpassagiere, die
jährlich weltweit unterwegs sind, beträgt die Flugsicherheit 99'9
Prozent”, sagt Trautmann, „genau: 99'9999996 Prozent.” Anders
gesagt: „Würden 1000 Passagiere 30 Jahre unentwegt fliegen, hätte
einer von ihnen einen tödlichen Unfall.”
Aktiv werden und sich kundig machen: So lautet sein wichtigster
Rat gegen Flugangst (das DFA-Zentrum mit Hauptsitz am Airport
Düsseldorf wird seine Pforten ab Oktober auch auf Mallorca öffnen:
www. flugangstzentrum.de). Und eine genaue Analyse sei nötig: „Was
war der Auslöser der Angst? Wie lange leidet der Klient schon
darunter? Was hat er dagegen getan? Welches Ergebnis erhofft er
sich?”
Denn: DIE Flugangst schlechthin gibt es nicht. Das Phänomen habe
so viele Facetten „wie es Menschen gibt”, sagt Trautmann. Generell
lassen sich „Flugängstler” in drei Gruppen teilen: neun Prozent
seien solche, die „das erste Mal” in Angst und Schrecken versetzt;
22 bis 23 Prozent geraten im Flugzeug aufgrund „subjektiver
Negativerfahrungen” wie Turbulenzen in Panik; die mit Abstand
größte Gruppe mit fast 70 Prozent seien „Vielflieger, oft
Entscheidungsträger in Manager-Position, die plötzlich
Angstsymptome entwickeln, die auf übermäßige Stressbelastungen
zurückzuführen sind”.
Das DFAZ-Team, das aus Psychologen, Piloten, Flugbegleitern und
-technikern besteht, bietet Hilfe in Beratungen, Seminaren und
Coachings. Neben Transparenz in Sachen Flugsicherheit steht die
Problematik des Einzelnen im Mittelpunkt. Das zweitägige Seminar
endet mit einem Linienflug, um das Gelernte in die Praxis
umzusetzen. „Für Menschen, die aufgrund von Vermeidungsverhalten
oder Angstsymptomen bereits unter starken Einschränkungen leiden.”
Seine Last-Minute-Tipps für „leichtere Fälle”, um das Fliegen so
entspannt wie möglich zu gestalten:
In Ruhe abends vorher einchecken.
Sich zum Airport bringen lassen.
Sitz im Vorderbereich des Flugzeugs buchen.
Lockere Kleidung wählen.
Buch oder Hörbuch mitnehmen: Lenkt ab.
Viel trinken.
Apropos: Flugangst sei unter Männern und Frauen gleichermaßen
verbreitet, so der Pychologe. Nur: „Frauen werden früher aktiv.
Männer trinken eher noch schnell ein Bier an der Bar, bevor sie
sich in den Flieger setzen.”
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