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Sieht so ein Schwarzwaldbauer aus? Geschorener Kopf, wacher Blick, aufrechte Haltung bis in die Fingerspitzen, ein biegsamer, geschmeidiger Körper. "Und jetzt gehen wir in den 'Baum'", weist er die Gruppe um sich herum an, "diese Übung stärkt unser Stehvermögen, ist gut für unser Gleichgewicht." Richard Wursthorn ist wohl einer der ungewöhnlichsten Yoga-Lehrer Deutschlands.

Denn eigentlich ist Wursthorn Bauer, hat im Hochschwarzwald einen laufenden Land- und Forstbetrieb - mit Rindern, 70 Hektar Wald und 45 Hektar Grünland. Yoga aber ist seine Leidenschaft: Wursthorn gibt auf seinem "Neuhof" Yoga-Seminare in einem "Erlebnisraum zwischen Hotel und Kuhstall" - und neuerdings auch auf Mallorca. "Das war eine spontane Idee", erzählt er, "Yoga ist für mich in dem Sinne ja keine Arbeit, weil es mir so viel Spaß macht - und alleine am Strand schauen alle nur neugierig, in der Gruppe ist es viel schöner." Wursthorn macht mit seiner Frau Birgit, ebenfalls Yoga-Lehrerin, gerade zwei Wochen Urlaub an der Playa del Muro im Grupotel "Los Principes". Jeden Morgen von acht bis neun Uhr lädt er die Hotelgäste dazu ein, sich am Strand zu ihm zu gesellen und eine Stunde lang abzutauchen in die Welt des Hatha-Yoga. Schon im Mai hatte Wursthorn seinen Urlaub dort mit kostenlosen Yogastunden verbunden und den Gästen die Langeweile bei der hartnäckigen Kaltwetterfront vertrieben.

Ein Bandscheibenvorfall war es, der den Bauern vor 15 Jahren selbst zum Yoga brachte. Bei einem indischen Yogi in Deutschland ("ich wär gern nach Indien gereist, aber ich konnte die Kühe ja nicht allein lassen") fing er Feuer, las sich immer mehr in die Lebensphilosophie und Weisheiten ein, machte die Ausbildung zum Lehrer.

"Die anderen Bauern dachten: 'Jetzt spinnt er'", erinnert er sich, "und: 'der hat doch bloß keine Lust mehr aufs Schaffen!'" Auch weil es vor allem Frauen waren, die für Yogastunden auf seinen Hof pilgerten, wurde viel gemunkelt. Seitdem er aber im Regionalfernsehen war, beneiden sie ihn. "Fast alle Bauern bieten standardmäßig Ferienwohnungen an - ich habe ganz bewusst was anderes gesucht." Seine schwere körperliche Arbeit in Feld und Wald harmoniere gut mit den feingeistigen Übungen, auch wenn viele ob der ungewöhnlichen Kombination stutzen würden: "Yoga ist die ideale Entspannung. Bei der heutigen Agrarpolitik müsstest du dich jeden Tag ärgern, da sind diese mentalen Übungen ein super Ausgleich. Klar reg' auch ich mich ab und an noch auf - aber ich finde einfach schneller wieder zu mir."

Yoga sei die perfekte Verbindung zur Natur, "und auf Mallorca merkt man das besonders: Die Wärme am Strand ist pure Fülle und dieses Licht, das es auf der Insel gibt, lässt eine ungemeine Weite entstehen. Da lernt man diesen Platz dann gleich nochmal doppelt schätzen."