Die Flaute auf dem spanischen Wohnungsmarkt manifestiert sich
immer deutlicher in handfesten Zahlen: Für breites Echo in den
Medien des Landes sorgte dieser Tage die Januar-Bilanz des
Nationalen Statistikinstituts INE, die dramatische Einbrüche
diagnostiziert. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Aussagen von
jenen Mallorca-Maklern, die auf hochpreisige Zweitimmobilien
spezialisiert sind. Sie sprechen unisono von Umsatzzuwächsen und
prognostizieren weitere Preissteigerungen: ,,Wir haben zwei völlig
unterschiedliche Märkte." Auf dem klassischen spanischen
Wohnungsmarkt herrscht Krisenstimmung. Nach INE-Angaben wechselten
im ersten Monat des Jahres auf den Balearen nur noch 1487 Wohnungen
den Besitzer, während es im gleichen Zeitraum des Vorjahres noch
2738 gewesen waren - ein Rückgang um 45'6 Prozent. Bei den
Verkäufen handelte es sich in etwa zu gleichen Teilen um Neubau-
und Gebrauchtwohnungen. Spanienweit wurden 27 Prozent weniger
Wohnungen verkauft.
Die Situation spiegelt sich logischerweise auch in der
Hypotheken-Statistik wider. Im Januar wurden auf den Balearen noch
zirka 3500 Verträge unterzeichnet, 35 Prozent weniger als im Januar
2007. Unter den spanischen Regionen war nur auf den Kanaren ein
noch stärkerer Rückgang zu registrieren (minus 42'4 Prozent).
Gestiegen ist INE zufolge aber die Summe pro Hypothek: auf den
Balearen auf knapp über 200.000 Euro. Das hat mit höheren Preisen
zu tun und mit der Praxis der Banken, verstärkt auf solvente Kunden
zu setzen. MM-Schwesterzeitung Ultima Hora machte in einem
Kommentar nicht nur die hohen Wohnungspreise und Hypothekenzinsen
für den überdurchschnittlich starken Rückgang auf dem Wohnungsmarkt
verantwortlich, sondern auch die Ankündigung der
Balearen-Regierung, den sozialen Wohnungsbau zu stärken. Das habe
so manchen Interessenten dazu bewogen, lieber noch etwas zu
warten.
Die Makler, die vor allem auf ausländische Kunden im
höherpreisigen Segment setzen, haben wiederholt darauf aufmerksam
gemacht, dass sie die Schwäche kaum tangiert. Gilt das noch immer,
oder wird nur gute Miene zum bösen Spiel gemacht?
Die Antworten der Großen im Geschäft sind nahezu identisch,
teilweise euphorisch. Tenor: In der Spitze kennt man keine Krise,
die Umsätze werden weiter steigen, und die Preise ebenfalls.
,,Wir hatten im vergangenen Jahr ein zweistelliges Umsatzplus,
und auch in diesem Jahr gehen wir von einer Steigerung aus", sagt
Matthias Kühn. Der Handel mit Top-Objekten für den Zweitwohnsitz
auf Mallorca sei ein krisenunabhängiger Markt. Deshalb steht für
"Kühn & Partner" auch fest: ,,Diese Objekte geben preislich
nicht nach." Mallorca sei, was Sicherheit, Infrastruktur und
Erreichbarkeit angehe, einfach konkurrenzlos. Kühn sieht sogar noch
"gewaltige Potenziale", etwa bei Kunden aus den osteuropäischen
Ländern.
Der Unternehmer geht im Übrigen davon aus, dass auf Mallorca
selbst der schwächelnde Erstwohnsitzmarkt mit einer "kleinen
Schramme" davon kommen wird. ,,Die Politik garantiert das: Durch
die Baugesetze wird das Angebot verknappt."
Je teurer, desto besser. So lässt sich auch die Analyse von
First Mallorca überschreiben. Geschäftsführerin Heidi Stadler muss
zwar mitansehen, dass der "Einstiegsmarkt zwischen 300.000 und
600.000 Euro" derzeit der schwächste ihres Portefeuilles ist, sieht
das aber durch Steigerungen in der Spitze mehr als kompensiert: "Es
gibt ein Wettrennen auf die guten Objekte." Die Verkäufe der ersten
drei Monate lassen sie für 2008 auf eine 15- bis 20-prozentige
Umsatzsteigerung hoffen.
Schnäppchenjägern kann Heidi Stadler keine Hoffnung machen.
Selbst im "Einstiegsmarkt" würden die Preise nicht sinken,
allenfalls verkauften sich die Objekte langsamer. Die
First-Mallorca-Chefin sieht sich aber auch in privilegierter Lage:
"Jetzt profitieren die Unternehmen mit starker Marktpräsenz, denn
die Kunden wollen Vertrauen." Auf diesem Level sieht sie auf
Mallorca nur "eine Handvoll Agenturen". "Wir reden den Markt nicht
schön!" Klare Worte von Lutz Minkner (Mink-ner & Partner), die
auch auf einen Leserbrief in MM 13/08 gemünzt sind, in
denen die Statements der Branchenführer angezweifelt wurden.
Minkner bestreitet keineswegs die Krise der spanischen
Immobilienbranche, die nach seiner Meinung noch drastischer werden
wird, aber: "Wir habe nun mal zwei völlig unterschiedliche Märkte."
Zwar gebe es für Minkner & Partner "einige Überlappungen" in
Palma, doch generell gelte: "Unsere internationalen Kunden sind
nicht krisengeschüttelt." Auch Minkner erklärt, dass er nach den
guten Verkäufen des ersten Quartals in diesem Jahr mit einer
Umsatzsteigerung rechnen könne.
Entsprechend seine Einschätzung zur Preisentwicklung im
Spitzensegment: "Es gibt keine Notverkäufe. Wer nicht sofort
verkauft, sitzt seine Preise aus. Das kann sich diese Klientel
leisten." ,,Die ungleiche Krise", überschrieb "Ultima Hora" eine
Analyse, nachdem auch Engel & Völkers im jüngsten Marktbericht
für die Balearen von einer starken Nachfrage im gehobenen Segment
berichtet hatte. Die Zeitung nahm die Meldung mit einiger
Überraschung auf - allzu stark ist der Kontrast zur generellen
Marktlage auf Mallorca und besonders auf dem Festland. Die
Verbraucher klagen, dass sie sich keine Wohnungen mehr leisten
können, und Unternehmen und Politik befürchten eine
Pleitenwelle.
Die Baubranche der Balearen beschäftigt immerhin rund 100.000
Menschen.
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