Nicht weniger als 80 Wundertaten soll sie vollbracht haben, die
Jungfrau von Lluc. Kein Wunder also, dass der Pilgerpfad hinauf ins
ihr gewidmete Heiligtum seit Jahrhunderten zu den beliebtesten
Routen der Gläubigen gehört. Sagen und Legenden ranken sich um den
in Stein gehauenen Weg, der sich seit dem Mittelalter von Caimari
bergaufwärts windet und dabei immer wieder auch beeindruckende
Aussichten über die Insel bietet.
Einen Pilgerweg verkehrt herum zu laufen widerspricht zwar
seinem eigentlichen Zweck, ist aber unter Umständen angebracht. Es
spricht einiges dafür, den „Camí Vell de Lluc” bergabwärts
zurückzulegen. Zum einen ist der Anstieg erheblich anstrengender,
insbesondere dann, wenn es heiß ist. Zum anderen sprechen
logistische Gründe für den Marsch gegen die übliche Pilgerrichtung:
Es ist praktischer, das Auto in Caimari zu parken, mit dem Bus nach
oben zu fahren und dann herunterzulaufen, als durch Caimari
hindurch zu fahren, die Serpentinenstraße hinauf, oben beim Kloster
zu parken, mit dem Bus herunterzufahren und dann wieder nach oben
zu laufen.
Wer sich vom Kloster aus auf den Weg macht, der bekommt es also
vor allem mit entgegenkommenden Wanderern zu tun, auch wenn der Weg
jetzt, in den kühleren Wintermonaten in beiden Richtungen wenig
benutzt ist. An der Berghütte Son Amer und einer plätschernden
Quelle vorbei führt der gut ausgeschilderte Pfad bald über den
höchsten Punkt am „Coll de Sa Bataia” hinweg in den Wald und über
steinerne Stufen den Hang entlang. In mühevoller Kleinarbeit haben
fachkundige Steinsetzer (Margers) den alten Weg restauriert.
Die Arbeit endet nie, dort oben, wovon eine Gedenktafel am
Wegesrand zeugt, die an einen Arbeiter erinnert, der bei den
Sprengarbeiten an der „Bretxa Vella” (Alte Spalte) starb. Ihm kam
auch die Muttergottes von Lluc nicht zu Hilfe, obwohl diese doch
ein ums andere Mal Inselbewohnern beigestanden haben soll, wenn die
Not am größten war. So erzählt man sich, dass an der steilsten
Stelle des Pfades einst ein Mann seine Frau in die Tiefe stürzte,
um sie zu töten. Als er jedoch seinen Weg nach Lluc fortgesetzt
hatte und im Heiligtum angelangte, fand er sie unversehrt und
betend in der Kapelle. Die Schutzheilige musste die Frau gerettet
haben. Der Übeltäter bereute und war von nun an geläutert. Unten in
der Schlucht schlängelt sich heute die Serpentinenstraße den Berg
hinauf.
Die letzte Etappe führt durch ein waldiges Stück, in dem sich
ein öffentlicher und an Wochenenden bei Grillfreunden beliebter
Rastplatz befindet. In rund zwei Stunden lässt sich der Abstieg
nach Caimari bewältigen, wo der Blick auf die kunstvoll gemauerten
Terrassengärten den Abschluss bildet.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.