Mallorca Magazin: Herr Jander, Ihre Gesellschaft zur
Qualitätssicherung in Hotels warnt aktuell vor heimlichen
Filmaufnahmen in Hotelzimmern. Als Sachverständiger waren Sie
kürzlich auch auf Mallorca. Wie stark ist die Insel davon
betroffen?
Ulrich Jander: Wir haben auf Mallorca bereits drei Reportagen
gemacht. Eine im Dorint Hotel zum Thema „Brandschutz im Hotel”, für
RTL–Notruf mit Hans Meiser, außerdem Reportagen für Pro7 und RTL.
In den großen namhaften Ketten dürfte die Gefahr von Filmaufnahmen
in Hotelzimmern relativ gering sein, obwohl man dafür natürlich
nicht seine Hand ins Feuer legen kann. In den einfacheren und
preisgünstigeren Hotels sind möglicherweise auch die Gäste etwas
lockerer, so dass es hier eventuell eher – vor allem nach
reichhaltigem Alkoholgenuss –. zu etwas freizügigeren Aufnahmen
kommen kann. Schützen kann man sich nicht. Kameras der neuesten
Generation sind so klein gebaut, dass die Linse die Größe einer
Stecknadel hat.
MM: Falls Aufnahmen ins Internet gelangen: Kann man als
Betroffener – vor allem wenn die Bilder aus dem Ausland kommen –
rechtlich dagegen vorgehen?
Jander: Vorgehen kann man schon dagegen, aber wenn die
Seitenbetreiber im Ausland sitzen, ist Handeln zwecklos. Man kann
dann nur hoffen, dass man nicht erkannt und darauf angesprochen
wird.
MM: Auch am Strand fühlen sich besonders Frauen oft als Freiwild
für unverschämte Bildjäger, die gnadenlos nah ran gehen. Kann man
sie an ihrem Werk hindern?
Jander: Auch hier hat man kaum Chancen, denn mit der heutigen
Technik ist es schwer, Spanner überhaupt ausfindig zu machen. Über
Zoom kann man die Personen so nah heranholen, dass es keinem
auffällt – und die Bildqualität ist auch noch stechend scharf.
Gerade wenn Paare denken, sie wären an einem Strand unbeobachtet,
steckt vielleicht hinterm nächsten Gebüsch jemand mit der
Kamera.
MM: Bei Polizeiaufnahmen mit dem Hubschrauber bei einer
Demonstration in New York wurde kürzlich ein Paar minutenlang beim
Liebesspiel auf dem Dach gefilmt. Gibt es keinerlei Schutz vor
solchen ungewollten Einblicken?
Jander: Die öffentlichen Kameras sind allgemein so aufgestellt,
dass die Privatsphäre gewahrt wird, doch kann es vorkommen, dass
bei solchen Überwachungen auch mal ein Liebesspiel vor die Linse
kommt. Problematisch wird es, wenn solche Aufzeichnungen veräußert
werden. In diesem Fall würde dienstrechtlich ermittelt werden.
MM: Wie steht es mit Umkleidekabinen in Kaufhäusern? Stimmt es
tatsächlich, dass sich nicht wenige Kaufhausdetektive auf diese Art
Einblicke bei potenziellen Bikini–Diebinnen verschaffen?
Jander: Ja, dieser Vorfall hat 2000 in einer hessischen
Großstadt stattgefunden. Hier hatte eine Kaufhauskooperative, die
in der Fußgängerzone die Sicherheit gewährleisten sollte, kleine
Kameras in den Damenumkleidekabinen installiert. Angeblich wollten
sie den Diebstahl einschränken, aber die Videos wurden
zusammengeschnitten und unter der Hand verkauft.
MM: Kaum zu glauben: Sie haben herausgefunden, dass selbst junge
Mütter beim nächtlichen Stillen ihres Nachwuchses über Babyphone
begafft werden ...
Jander: Ja, als Sonderangebote werden solche Geräte von Discountern
in großer Anzahl auf den Markt geworfen. Da kann es schon mal
passieren, dass der Nachbar sein Babyphone auf derselben Frequenz
hat und die Nachbarin beobachtet.
MM: Wenn inzwischen auch der renommierte Versandhandel heimlich
gedrehte Erotik– Videos aus privaten Schlafzimmern anbietet: Wie
gelangen die, Ihrer Meinung nach, in den Verkauf?
Jander: Nach unseren Erkenntnissen sind es häufig Mitarbeiter
aus Hotels, die sich frei bewegen können, und ohne Probleme eine
Kamera in die Zwischendecke installieren oder hinter einem Schrank
anbringen. Es gibt sogar eingebaute Kameras in Rauchmeldern zu
kaufen, die werden über dem Bett montiert und können die
Aktivitäten direkt aufnehmen. Die Aufnahmen werden auf einem Laptop
oder Rechner, der im Serviceraum auf der Etage steht, aufgezeichnet
und verkauft. Dieser Markt ist sehr umkämpft.
MM: Mit einem neuartigen Scanner haben Sie stichprobenartig
festgestellt, dass offensichtlich zunehmend auch in
Privathaushalten Kameras installiert sind.
Jander: In Deutschland dürfen Videoscanner nicht eingesetzt
werden. Da der Frequenzbereich sehr begrenzt ist und die
Standardeinstellungen kaum verändert werden, können mittels eines
Empfängers, der auf dem deutschen Markt zugelassen ist, Kameras
enttarnt werden. Gezielt lässt sich dann die Kamera mit einer
Wärmebildkamera orten, da diese eine erhebliche Wärmeabstrahlung
hat.
MM: Was halten Sie denn von Aufrufen mancher Medien, sich als
„Volkspaparazzi” zu betätigen? Machen die das Ganze nicht erst
salonfähig?
Jander: Hier geht es nur darum, die besten Bilder zur besten
Sendezeit zu haben. Auch wenn Menschen bei Unfällen mit ihrem Leben
kämpfen, ist das egal: Man lässt die Handykamera laufen. Das liegt
am Medienangebot: Je mehr Blut fließt, desto höher die
Einschaltquoten.
MM: Welche rechtlichen Eindämmungsschritte wären Ihrer Ansicht
nach möglich oder dringend erforderlich?
Jander: Wir haben einerseits das Recht am eigenen Bild – aber wen
interessiert das, wenn der Internetbetreiber auf einer Insel sitzt,
wo die spanische oder deutsche Justiz keine Zugriffsmöglichkeit
hat? Wenn man eine Kamera im Zimmer findet, sollte man umgehend den
Reiseleiter und die Hoteldirektion verständigen, Beweise
sicherstellen, rechtliche Ansprüche anmelden und gegen den
Reiseveranstalter vorgehen. Letzterer wird sich sehr schnell darum
kümmern – denn solche Negativpresse ist nicht gerade förderlich für
den hart umkämpften Markt in der Reisebranche.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.