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Bei den Olivenölbauern läuft das Geschäft wie geschmiert. Sie werden bei der diesjährigen Ernte, die im Oktober beginnt und bis Ende Januar dauert, vorsichtigen Schätzungen zufolge mindestens 15 Prozent mehr Ertrag einfahren als im Vorjahr. Doch das „Grüne Gold” ist in den verschiedenen Anbaugebieten der Insel nicht gleichmäßig verteilt. Es sind vor allem die jungen Plantagen im Flachland der Insel, die in diesem Herbst einen ordentlichen Ertrag in den Zweigen der Ölbäume hängen haben. Die teils jahrhundertealten Bäume in der Serra de Tramuntana hingegen lassen dieses Jahr nur eine mäßige Ernte erwarten. Dort hatte der verregnete April die Blüte gestört.

Es sind nicht wenige Mallorca-Touristen, die in ihrer Unbedarftheit eine „bittere” Erfahrung mit der Insel machen mussten. Bei einem Halt während einer Autofahrt über die Landstraßen entdeckten sie plötzlich die dunklen Ölfrüchte zwischen den silbernen Blättern der Bäume. Es geht ja nichts über Frischobst direkt vom Baum. Beschwingt vom Lebensflair des Südens, pflückten sie sich eine Frucht und bissen hinein. Doch prompt verzogen sie das Gesicht und spuckten die Olive in hohem Bogen wieder aus. Man lernt fürs Leben: Ölfrüchte, wie man sie in jedem Restaurant vorneweg auf den Tisch gestellt bekommt, müssen erst lange Zeit in Salzlake eingelegt werden, um genießbar zu sein.

Wie auch immer, wenn wahre Olivenöl-Fans sich austauschen, dann klingt es fast, als sprächen sie über ihre Lieblingsweine. Es gibt kaum eine Frucht, kaum eine Duft- , Kräuter- oder Gewürznote, die sich nicht in den Aromen guter Öle herausschmecken lassen könnte. Das Probieren und Philosophieren über Olivenöl, zum Eintunken mit einem Stückchen Brot, ist mittlerweile modischer Lifestyle in der gehobenen Gastronomie. Auch das ist eine Methode, das traditionelle Gericht Mallorcas, „Pa amb oli” (Brot mit Öl) verfeinert zu imitieren.

Der Trend hin zu erstklassigem Öl wurde auf Mallorca früh erkannt. Bereits 2003 wurde das staatliche Herkunfts- und Qualitätssiegel „denominació d'origen (DO) Oli de Mallorca” etabliert. Eine der treibenden Kräfte hinter diesem Garantiezeichen war Josep „Pep” Oliver, damals langjähriger Direktor der Agrarkooperative Sant Bartomeu in Sóller und selbst von Kind an Ölbaum-Landwirt. Alle Überlegungen kreisten um die Frage, wie der Anbau der Ölfrüchte in den steilen, unzugänglichen Terrassen im Tramuntana-Gebirge rentabel gemacht werden könne. Es waren nicht wenige Landbesitzer, die die mühsame Arbeit nicht mehr auf sich nehmen wollten. Die Folge: Alte Steinmauern verfielen, die Bäume wurden nicht mehr beschnitten und gepflegt, Schafherden beweideten (und düngten) nicht mehr die hochgelegenen Standorte der teils steinalten Bäume.

Doch die Schaffung des neuen Emblems führte zu einer Rückbesinnung auf die bäuerliche Agrarproduktion der Insel. So mancher Konsument am Wochenmarkt entschied sich bei freier Auswahl für das Öl der heimischen Scholle. Und viele Touristen sahen in den Fläschchen mit dem attraktiv gestalteten Herkunftslogo ein nettes Mitbringsel.

So entwickelte sich das DO-Zeichen zu einer wahren Erfolgsgeschichte. Nach Pep Olivers Worten, der heute dem Regulierungsrat des Anbaugebietes als Präsident vorsteht, wurden im ersten Jahr (2004) unter dem neu geschaffenen Gütesiegel 22.000 Liter Öl vermarktet. 2005 stieg der Absatz auf 40.000, im Jahr darauf auf 90.000 Liter. Für 2007 wird ein etwa gleichhoher Absatz erwartet. Aufgrund der guten Ernteaussichten, die nun ins Haus stehen, wird für 2008 bereits jetzt eine Verkaufsmenge von 120.000 Liter DO-Öl vorhergesagt.

Auch die Bauern haben davon einen Gewinn: Denn das heimische Qualitäts-Öl ist teurer als Massenware vom Festland. Im Handel auf der Insel kosten die Produkte mit DO-Zeichen im Schnitt 13 bis 20 Euro pro Halbliter-Flasche. Die rapide Zunahme des zertifizierten Olivenöls bedeutet jedoch nach Pep Olivers Worten nicht, dass jeder ausgepresste Tropfen das Gütesiegel erhält. Die Zunahme sei dadurch zu erklären, dass sich mehr und mehr Produzenten den Regularien der DO-Klassifizierung unterwerfen. Zum anderen stieg die Produktion in den flachen Inselzonen stark an. Dort wachsen die noch jungen Bäume allmählich in ihr tragefähiges Alter hinein.

Weiter verweist Pep Oliver darauf, dass nur etwa jeder zweite Liter Olivenöl, der hier produziert wurde, das DO-Zeichen führt. Der übrige Teil schafft entweder die Qualitätsanforderungen nicht, oder wird von den Produzenten zwecks Eigenverzehr erst gar nicht auf den Markt gebracht. Die besten Tropfen hebt man sich doch fürs eigene Pa amb oli auf.