Birgit Schrowange lernte den Mann vermutlich 2003 auf Mallorca kennen.

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Ob Birgit Schrowange ihm tatsächlich „Liebesschwüre” („Bild”) leistete, wissen wir nicht. Aber dass Alain Costa die TV-Moderatorin behandelte und sie ihn mochte, ist belegt. MM liegt ein von Schrowange handsigniertes Poster vor, auf dem steht: „Für Alain, den Mann mit den magischen Händen. Herzlichen Dank für die fantastische Behandlung. Deine Birgit Schrowange.”

Ob diese „magischen Hände” auch einem Frauenleben gewaltsam ein Ende gesetzt haben? Mit abgetrenntem Kopf wurde die Leiche von Costas Frau Christine 2006 im Garten einer andalusischen Villa gefunden. Nachgewiesen werden konnte ihrem Ehemann Alain diese Tat nicht.

Der 53-jährige Costa kam vor rund fünf Jahren nach Mallorca; woher, ließ er im Dunkeln. Als Mann mit magischen Händen wurde der untersetzte Schwarzhaarige, nach eigenen Angaben „Franzose algerischer Abstammung”, vor allem in der deutschen Kolonie auf der Insel bekannt. „Auffällig war, dass er den Kontakt mit Franzosen mied. Ich erinnere mich an eine Party, auf der plötzlich eine Gruppe seiner Landsleute auftauchte – aber um die machte er einen großen Bogen, als hätte er Angst, sie könnten sich zu sehr für seine Herkunft interessieren”, erinnert sich ein Patient von Costa. Heute steht fest – Alain Costa heißt eigentlich Alain Curtí, der Pass aus dem Kongo, mit dem er sich auf der Insel auswies, ist eine Fälschung.

Der „nette Heiler von nebenan” hatte allen Grund dazu, sich bedeckt zu halten – während er auf Mallorca praktizierte, wurde er in Frankreich steckbrieflich gesucht. Auf seiner Visitenkarte stand lediglich:

Dr. Alain Costa
Keine Berufsbezeichnung, keine Adresse, keine Telefonnummer. Zu erreichen war er über sein Handy, dessen Nummer immer wieder wechselte. Arzt sei er nicht, sagte er vielen auf Nachfrage, aber Doktor der Philosophie.

Anderen wiederum war er sehr wohl als promovierter Arzt bekannt, er zeigte ihnen sogar seine Urkunden der Universität Hannover. Doch dort kennt man einen Alain Costa/Curtí nicht. Die angeblichen Promotions-Urkunden, ob nun in Medizin oder Philosophie, sind aufwendige Kopien echter Dokumente, die Costa auf seinen Namen umfrisierte.

Costa arbeitete aber wie ein Arzt, hatte viele Patienten. Er massierte sie, er legte ihnen die Hand auf, auch Hypnose war wohl im Spiel. Costa kam auch ins Haus, er soll auch in einem Luxushotel regelmäßig seine Dienste angeboten haben. Ob er auch bei einem solchen Hotelbesuch die Bekanntschaft von Schrowange gemacht hat, ist unklar. Kennengelernt haben dürften sich die beiden 2003. Damals kam die Moderatorin im April für ein paar Tage alleine auf die Insel, während ihr Lebensgefährte Markus Lanz, mit dem die Beziehung nach Aussagen von Schrowange damals schon sehr abgekühlt war, seinen Urlaub am Nordpol verbrachte.

Vor allem aber behandelte Costa in einem gemieteten Apartment in der Altstadt von Palma, seiner „Shiatsu-Praxis”, in der die Vorhänge stets zugezogen waren. In einer Ecke hinter einem Paravent lag eine Matte, auf die die Patienten gebeten wurden, es roch nach Weihrauch, und es lief indische Musik. Als Heiler trat er immer ganz in Weiß auf. Die Menschen vertrauten ihm, er war hochintelligent, liebenswürdig, charmant und hörte jedem genau zu. Seine unbestreitbaren Erfolge als „Heiler mit den magischen Händen” sprachen sich rasch herum. Drei belegte Beispiele:

Einen hiesigen Manager befreite er von einer chronischen Bronchitis, die diesen jahrelang geplagt hatte und der die Ärzte machtlos gegenüberstanden. Das ständige Husten hörte nach zwei Sitzungen auf.
Einer Frau, die seit Jahren unter Depressionen litt, gab er die Fröhlichkeit wieder.
Einer anderen, die nach einer Brustkrebsoperation mit geschwollenem rechten Arm (Lymphdrüsen) leben musste und der Mediziner keine Hoffnung auf Besserung machen konnten, befreite er von Schwellung und Dauer-Stützverband.

Seine Honorare waren durchaus überschaubar. Mal nahm er 100, mal nahm er 200 Euro pro Sitzung, mal aber auch gar nichts. Die Honorare waren auch nicht wichtig: Er schuf sich eine andere Einnahmequelle. „Doktor” Costa suchte sich nämlich bevorzugt begüterte Patienten, meist Damen, aus. Die brachte er dazu, ihm größere Beträge, von 20.000 Euro aufwärts, auszuhändigen. Dabei machte er selbst vor Schwerkranken nicht halt, nutzte ihr Vertrauen schamlos aus.

Er verkaufte ihnen zum Beispiel Anteile an Offshore-Gesellschaften, die angeblich hohe Renditen erwirtschafteten. Bei der Geldübergabe händigte er stets prächtig aufgemachte Urkunden und Zertifikate aus. MM liegen allein vier Zertifikate von Betrogenen vor, denen Costa damit allen die Hälfte der Firma „Media Marketing Holding LTD” verkaufte.

Angeblich handelte es sich dabei um die Anteile seiner Lebensgefährtin Heike J., die aus dem Geschäft aussteigen wollte, um Privates und Berufliches besser trennen zu können. Costa gaukelte den Betrogenen vor, man investiere in ein Gesundheitszentrum, das er unter dieser Firmenlizenz mit ihnen zusammen gründen wolle. Die Betrogenen zahlten, seine Lebensgefährtin quittierte, er kassierte viermal. Was die Geprellten nicht wussten: Die Lizenz der „Media Marketing Holding LTD” war schon lange ausgelaufen. Sie hatten sich in eine Firma eingekauft, die gar nicht mehr existierte.

Alain Costa derweil lebte auf großem Fuß. Er hatte stets dicke Bargeldbündel bei sich (kassiert wurde nur cash), er war großzügig und lud jedermann ein. „Im Nachhinein ist uns klar geworden, dass man an ihm immer sehr gut ablesen konnte, wann er wohl wieder mal ein Opfer gefunden hatte”, erinnern sich frühere Bekannte im Gespräch mit MM: Plötzlich trug er eine teure neue Uhr, mal fuhr er eine neue Harley, mal war er von Kopf bis Fuß neu eingekleidet.

Geschmack bewies er dabei allerdings nicht. Er liebte dicke, goldene Halsketten, protzige Ringe und schwarzes Leder; Costa wirkte, wenn er nicht sein „berufliches” Weiß trug, wie der typische Zuhälter. Seine Kundschaft aber nahm ihm das nicht übel. Ein erfolgreicher Heiler hat Narrenfreiheit.

Zumal er durchaus Familienleben pflegte – zumindest wahrte er diesen Schein einigen seiner Bekannten gegenüber. Für die einen war die bildschöne Heike J. die Frau an seiner Seite und die Mutter seiner zwei kleinen Mädchen (eins hatte Heike mitgebracht, das andere war beider Tochter). Mit ihr lebte er in einem kleinen gemieteten Haus in Portals Nous.

Anderen wiederum stellte er Heike J. nur als seine Geschäftspartnerin vor. Was die beiden auch verband – ein Gaunerpärchen waren sie allemal. Heike J. war es auch, die Formalitäten auf der Insel für ihn mit ihrer Unterschrift regelte – so vermied der Gesuchte es, offiziell auf der Insel in Erscheinung zu treten. Heike J., die mittlerweile wieder in Deutschland lebt, wurde zu 18 Monaten Haft verurteilt, nach wenigen Monaten aber aus dem Gefängnis entlassen.

Ob Costa sie auch Birgit Schrowange nur als Geschäftspartnerin vorstellte, um seine Attraktivität als Mann der Moderatorin gegenüber zu wahren, ist unklar. Fest steht aber, dass er sich gegenüber Bekannten gerne damit brüstete, Schrowange habe ein sichtliches Faible für ihn. „Die steht ja so wahnsinnig auf mich!”, habe er gerne in Gespräche einfließen lassen.

„Wir haben uns oft über ihn amüsiert”, erinnert sich eine Frau aus seinem Bekanntenkreis, „weil so wie er sprach, angeblich alle auf ihn standen. Dabei war er wirklich kein betörender Mann, aber er hat wohl auf manche gewirkt. Er beherrschte jede Rolle und wusste genau, mit welcher er bei wem landen konnte. Mich wundert nur, dass er mit diesen vielen Rollen selbst nie durcheinandergekommen ist.” Costa wusste, was er zu tun hatte, damit man ihm nicht auf die Schliche kam. Systematisch streute er Gerüchte zwischen Menschen in seinem Umkreis. Hier kam auch seine Rolle als Heiler und persönlicher Vertrauter ins Spiel: „Halte dich von ihm fern, er tut dir nicht gut” oder „Treffe dich nicht mit ihr, bei ihr habe ich gar kein gutes Gefühl”, waren Ratschläge, mit denen es ihm gelang, zu vermeiden, dass sich Leute anfreundeten, die sich über ihn hätten austauschen können.

So gelang es ihm auch, seine Frauengeschichten zu jonglieren. Neben der vermeintlichen Affäre mit Schrowange hatte Costa mindestens noch eine weitere parallele Geliebte – eine verheiratete Ärztin aus Hannover. Sie war es auch, mit deren Hilfe er an seine Promotions-Fälschungen kam: Unter einem geschäftlichen Vorwand, angeblich wollte er ihr einen Riesenauftrag bei einem arabischen Scheich verschaffen, händigte sie ihm ihre Originalpapiere aus, die Costa kopierte. Von ihr trennte er sich im Juli 2004 – wie lange die Affäre lief, ist nicht bekannt. Sie soll Bekannten in dieser Zeit aber anvertraut haben, dass der Heiler und angebliche Arzt selbst ein sehr kranker Mann ist: mit Diabetes und starken Gallenproblemen.

Auch mit seiner echten Ehefrau Christine Curtí, einer 44-jährigen Zahnarzthelferin aus dem Rheinland, lebte er zeitweise auf der Insel zusammen: in einem Haus in Costa de la Calma. Sie soll mit Heike und ihm unter einer Decke gesteckt haben.

Am 6. August 2004 sieht man Costa das letzte Mal auf der Insel. Heike verlässt Mallorca ein paar Tage später, dann Christine. MM liegt die Aussage einer Anwohnerin vor, die beobachtet haben will, wie Heike und Alain die gemeinsame Wohnung am Abend des 6. August mit einem Berg Kleider über den Armen verließen. Seinen Patienten hatte Costa gesagt, er sei bis 26. August in Ferien. Doch Alain Costa war der mallorquinische Boden zu heiß geworden – seine Praxis blieb verschlossen. Die Miete für das gemeinsame Haus kündigte Heike mit einer simplen SMS auf das Handy der Vermieterin. Dann verlieren sich Alains Spuren. Heike zog mit den Kinder nach Deutschland, zu ihren Eltern. Dort wurde sie von einer der Betrogenen, die von Costa um 180.000 Euro geprellt worden war, aufgespürt.

Die Mallorca-Residentin schöpfte Verdacht, als Alain nach seinem vermeintlichen Urlaub nie zurückkehrte. Sie beauftragte eine Detektei. Das Ergebnis traf sie wie ein Schlag: „Ich habe sofort die Polizei eingeschaltet”, sagt sie in einem Interview mit MM, „vier Anzeigen erstattet, aber die Polizei unternahm nichts.” Sie will auch wissen, dass Costa ein halbes Jahr nach seinem Verschwinden die Affäre mit der verheirateten Ärztin aus Hannover wieder aufnahm – sie stützt sich dabei auf Vermutungen von deren Ehemann. Ob Costa nach seiner Flucht von Mallorca auch den Kontakt zu Schrowange aufrechterhielt, ist ungeklärt. Diese trennte sich, nachdem es lange „gekriselt” hatte, nach acht Jahren von ihrem Lebensgefährten und RTL-Kollegen Markus Lanz im Jahr 2006.

Am 17. Dezember 2006 wurde Christine Curtí, in eine Plane gewickelt, geköpft und im Garten verbuddelt im andalusischen Estepona gefunden. Wer ihr Mörder ist, weiß man bis heute nicht. Im März 2007 wird Alain Costa in Andalusien festgenommen. Derzeit verbüßt der „Heiler von Mallorca” im Gefängnis des französischen Grasse eine 20-jährige Haftstrafe wegen Taten, die er bereits vor seiner Inselzeit verübte: Verstoß gegen das Waffengesetz und Freiheitsberaubung. Die Mallorca-Betrügereien sah die Staatsanwaltschaft aufgrund der Schwere dieser Delikte als nicht relevant an.