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Es gibt nur zwei Positionen: große Begeisterung oder starke Ablehnung. Unbeteiligt lässt Miquel Barcelós neue Kapelle in der Kathedrale von Palma niemanden.

Neue Kunst, vor allem solche an prominenter Stelle – heute nennt man das im „öffentlichen Raum” –, war seit jeher im Kreuzfeuer der Kritik. Von Michelangelos Sixtinischer Kapelle, bei der man die Übermalung der „unzüchtigen Stellen” forderte, über da Vincis „Abendmahl” in Santa Maria delle Grazie, das sogar Goethe heftig kritisierte, bis zu van Gogh, Picasso, Otto Dix, Jackson Pollock oder Hermann Nitsch. Die Liste der „Skandalkünstler” ist lang.

Erstaunlich – oder vielleicht auch gar nicht so erstaunlich – ist die Tatsache, dass jene, die die Arbeit von Barceló ablehnen, sofort auf die Kosten zu sprechen kommen. Als ob es sich bei Kunst um eine Ware handelte, die man bezahlt und dadurch ein Recht auf Makellosigkeit und Wohlgefallen erkauft. Die Entscheidung, Barceló für die Gestaltung der Santisimo–Kapelle zu beauftragen, fällte ein unabhängiges, demokratisches Gremium aus Vertretern der Diözese, der Universität, der Stadtverwaltung und der Ministerien für Erziehung und Kultur sowie für Tourismus und des Inselrates von Mallorca.

Kritisiert wurde auch die Tatsache, dass ein bekennender Atheist mit der Arbeit für Mallorcas wichtigstes Gotteshaus betraut wurde. Doch immer hat man versucht, die großen Künstler für die Kathedrale heranzuziehen Selbst Kleriker sind sich einig: Barceló ging inhaltlich und verantwortlich mit den Bibeltexten um, die bei Auftragsvergabe abgesprochen wurden. Dass er danach in voller künstlerischer Freiheit arbeiten konnte, ehrt die Auftraggeber. Hut ab.

Und die Mallorquiner können stolz sein: in „ihrer” Kathedrale, diesem wunderschönen Gotteshaus, geht es lebendig zu. Der Bogen reicht von der Gotik über Barock und Jugendstil – hier verewigte sich der große Gaudí – bis zu Kunst für das 21. Jahrhundert. Das macht La Seo so einmalig. Und genau das wird Besucherscharen anziehen. Aus aller Welt.