Über Monate hatte sich der Streit zwischen Rashid und Noura
hingezogen: Es ging um Misshandlungen, um das Sorgerecht für die
Kinder, die Scheidung lief. Am Sonntag nahm die Auseinandersetzung
der Eheleute ein dramatisches Ende: Auf offener Straße in Palma
stach der 41-Jährige die zwölf Jahre jüngere Noura nieder. Sie
starb wenig später im Krankenhaus Son Dureta. Nach tagelanger
Fahndung konnte die Polizei den Täter jetzt fassen.
„Das ist das Beste, was passieren konnte”, sagt Rashids
Schwester Soraya, die ebenfalls in Palma wohnt. „Ich bin noch immer
erschüttert. Noura war meine Schwägerin, gerade 29 Jahre alt. Mein
Bruder hätte sich doch eine andere suchen und ein neues Leben
beginnen können. Jetzt muss er dafür bezahlen, was er getan hat.”
Seit rund zehn Jahren waren Rashid und Noura verheiratet, in den
letzten Monaten aber gab es immer wieder heftige
Auseinandersetzungen zwischen den beiden, wie Angehörige berichten.
Noura beschuldigte Rashid, sie zu schlagen, Rashid beschuldigte
Noura, die vier gemeinsamen Kinder zu misshandeln. Ein Richter gab
der Mutter recht und verbot dem Mann, sich seiner Frau zu
nähern.
Noch zwei Tage vor dem Mord interviewte ein Fernsehteam den
Familienvater, als er von einer Befragung bei der Polizei kam. „Die
Vorwürfe sind falsch”, beteuerte Rashid. „Ich habe diese Frau so
satt.” Auch die Mutter des Marokkaners wusste um die
Schwierigkeiten in der Ehe ihres Sohnes. Dass er zu einer solchen
Bluttat fähig ist, hat sie schwer erschüttert: „Die Polizei rief
mich am Sonntagnachmittag an und sagte, dass er Noura getötet hat.
Als ich am Abend erfuhr, dass sie tot ist, bin ich in Ohnmacht
gefallen. Ich kann es einfach nicht glauben.”
Unmittelbar nach der Tat war Rashid mit seinem neunjährigen Sohn
untergetaucht. Die Suchaktion der Polizei blieb erfolglos, bis sich
am Mittwochvormittag dann ein Mann meldete, der Rashid in einer
Pension in Palma gesehen haben wollte. Tatsächlich konnte die
Polizei ihn wenig später festnehmen. Er leistete keinen Widerstand,
der Sohn ist wohlauf.
Derweil hat die mallorquinische Öffentlichkeit ihr Entsetzen
über den Mord demonstriert: Dutzende Personen versammmelten sich zu
einer Schweigeminute. Die Frauenrechtlerinnen der Lobby de Dones
riefen zu einer Kundgebung auf. Auch hier kamen Dutzende von
Bürgern zusammen, um ihre Anteilnahme zu zeigen.
Auf Mallorca sind in diesem Jahr bereits drei Frauen von ihren
Partnern umgebracht worden. Spanienweit liegt die Opferzahl bei 56.
Die Überwachungsstelle für Geschlechtergewalt teilt mit, dass
zwischen Januar und September 2006 mehr als 37.000 Fälle solcher
Gewalt registriert wurden. Das sei eine Steigerung um 35 Prozent im
Vergleich zum Vorjahr.
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