TW
0

Video– und Medienkunst, digitale Fotografie, Installation und Projektionen beherrschen die Kunstszene immer mehr. Sehr häufig haben die Arbeiten dieser Künstler auch politischen, zumindest aber gesellschaftskritischen Charakter. Das zeigt auch das augenblickliche Ausstellungspanorama in Palma.

 

In drei Serien – Fotoinstallation und Installation – zeigt der Madrider Künstler Daniel Canogar, geboren 1964, im kürzlich renovierten Kulturzentrum Sa Nostra in Palma, worum es ihm geht. Um den „Fall des Menschen”, was einerseits ganz wörtlich zu nehmen ist, andererseits aber auch im übertragenen Sinn verstanden werden muss.

„Icaros” nennt er eine Fotoinstallation mit fallenden – oder springenden? – Menschen. In „Otras Geologías”, einer riesigen Fotowand ertrinken Menschen im selbst produzierten Müll, in abgenudelten Aufnahmebändern, in leeren Hülsen ehemaliger Musikkassetten. Canogars Installationen „Photosynthetic Remembrance” – riesige tote Baumstämme mit Halogenleuchten an den Schnittstellen, eingebettet in feinsten gemalten Stoff, der von einer Windmaschine bewegt wird – sind nicht nur interessant, sondern auch überaus poetisch. „Mir gefallen die Geister der Wirklichkeit”, sagt er, „und ich baue auf das Komplizentum des Betrachters.”

Daniel Canogar studierte in New York und Madrid, wo er heute lebt und arbeitet. Seine Fotos und Installationen sind in großen internationalen Museen ausgestellt.

Ebenfalls im Kulturzentrum Sa Nostra sind Arbeiten der israelischen Videokünstlerin Michal Rovner zu sehen. Auf einer großen Leinwand werden winzig kleine Menschen projiziert, die sich in einer ausgeklügelten Choreografie einander annähern und wieder auseinander gehen, als wären sie einzeln nicht lebensfähig, gemeinsam in der Masse aber verlieren sie sich als Individuum.

Gleichzeitig ergibt die Projektion ein sich ständig veränderndes grafisches Bild. Andere ihrer Arbeiten sind inspiriert durch Ölfelder in Kasachstan. Michal Rovner, geboren 1957 in Tel Aviv, ist weltweit eine der führenden Video–Künstlerinnen.

Dem jungen irischen Künstler Richard Mosse (geboren 1980 in Kilkenny) – derzeit zu sehen in La Caja Blanca (C/. Vía Veri 9 in Palma) – geht es in seinen Fotos und Videos um die Zerstörung durch den Menschen und die Natur. Er ist in den Iran gereist, etwa in die von Erdbeben zerstörte Stadt Bam, in den Kosovo, nach Bosnien, hat palästinensische Flüchtlingslager besucht.

In seinen Fotos kommen Menschen nicht vor; bedrückend sind seine Aufnahmen von einer Schule im Kosovo, einmal von innen nach außen und dann von außen nach innen fotografiert. Seine Videos, in der in Endloschleifen etwa Palästinenser nach zärtlichen Koseworten befragt werden, dokumentieren nachdrücklich die menschliche Sprachlosigkeit auch in alltäglichen Situationen.

Nach einem Studium in London und einem beachtlichen Erfolg bei der „Bloomberg New Contemporaries 2005” ist Mosse nun an der vermutlich besten Schule für Fotografie, der Yale School of Art, in den Vereinigten Staaten.

Amador, geboren in Pollença 1957, zeigt in der Galería Maior in Palma die wohl zur Zeit beachtlichste Installation: an der Wand ein fast acht Meter langes, halbiertes Boot mit menschlichen Figuren, gesichtslos, anonym – illegale Immigranten, wie sie täglich aus afrikanischen Ländern in Spanien landen. Titel: „En la barca de la llum tots i volem anar – Mit dem Lichtschiff wollen sie alle gehen”.

Amador hat die Herkunftsländer der Immigranten bereist, sieht in Nordafrika die „fronteres – Grenzen” und nennt auch seine Ausstellung so. „Mich faszinierten dort der direkte Blick der Menschen, die Reinheit des Ausdrucks und die Lebensform auf den Straßen”, sagt er.

Die vor Ort entstandenen Fotografien sind auf Glasfiber aufgezogen, was ihnen einen besonderen Glanz und die Illusion von Bewegung verleiht.
Amador hat, auch wenn er mehr als ein Jahrzehnt zurückgezogen in seinem Atelier lebte, einen internationalen Namen durch Ausstellungen in Galerien in Frankreich, Spanien und Deutschland; seine Arbeiten sind in vielen Museen und Sammlungen vertreten.