Der Teufel ist nicht zu beneiden. Er hüpft und dreht sich, winkt
und wirft eine Kusshand nach der anderen, doch sogar die Kinder
blicken gelangweilt über seine Kunststücke hinweg. Real Mallorcas
Maskottchen schwitzt vergeblich in seinem schaumstoffgepolsterten
Kostüm. Die Außentemperatur liegt bei 30 Grad an diesem Sonntag–
abend. Luftfeuchtigkeit: 70 Prozent.
Die Schwüle drückt den 16.000 Zuschauern aufs Gemüt. Zum ersten
Heimspiel wird gleich die neue Elf auf den Rasen laufen, der
Trainer hat vorab einen Sieg in Aussicht gestellt, aber das
Publikum scheint fest entschlossen, sich nicht über die Maßen zu
amüsieren. Dagegen hilft auch keine Spaßverordnung: Tausende von
aufblasbaren Plastikwürsten hat der Klub unters Fan-Volk gebracht,
mit denen man einen Höllenlärm veranstalten könnte. Tatsächlich
herrscht auch an diesem Fußball-Abend kühle Stille auf den
Rängen.
„Wir Mallorquiner sind ziemlich kalt”, bekennt Andrés. „Bis hier
richtig Stimmung aufkommt, muss schon einiges passieren. Die da
oben sind einfach nicht begeisterungsfähig”, sagt er und macht eine
abfällige Handbewegung in Richtung Haupttribüne. Andrés ist einer
von einigen Dutzend Fans auf den billigen Plätzen, die sich mit dem
Schweigen nicht abfinden wollen. Von „Ehre” und „Treue bis in den
Tod” ist die Rede auf ihren Fahnen. Manche ziehen ihre Hemden aus
und dann kommen tätowierte Körper zum Vorschein.
„Diese blöde Leichtathletikbahn stört einfach”, sagt Andrés.
Mallorcas Fans sind durch eine künstliche Barriere von ihren Stars
auf dem Rasengetrennt. Das Stadion ist ursprünglich für die
Universiade gebaut worden, die 1999 in Palma stattfand. Wenig
später zog der Fußballklub aus seinem Heimatstadion Lluis Sitjar
dorthin um, die mehr als zehn Meter breite Rennstrecke dient jetzt
nur noch dem roten Teufel bei seinen Pirouetten und den Fotografen,
die sich so nicht um die Plätze streiten müssen.
Auf der Ehrentribüne sind derweil die Häppchenteller
freigegeben. Ob Ministerpräsident oder Bürgermeisterin – Heimspiele
von Real Mallorca sind Pflichttermine. Klubchef Vicenç Grande
pflegt die örtlichen Honoratioren in seiner Präsidentenloge zu
empfangen. Da werden dann die entscheidenden Deals eingefädelt:
Zuletzt hat Grande die Genehmigung bekommen, die Namensrechte des
städtischen Stadions zu verkaufen. Als nächstes sollen die Bagger
rollen. Grande will eine neue Fußball-Arena bauen. „Beim Umzug nach
Son Moix wurde uns versprochen, dass die Leichtathletikbahn
wegkommt”, sagt Grande. „Jetzt ist sie immer noch da. Hätten wir
das gewusst, wären wir in unserem alten Stadion geblieben.” Auf
manchen Plätzen hat man zwar eine herrliche Aussicht aufs Gebirge,
um mitzubekommen, was auf dem Rasen vor sich geht, muss man aber
schon genau hinsehen.
Wirklich spannend ist es an diesem Sonntag aber auch dann nicht.
Sicherheitsfußball ist angesagt bei Real Mallorca. Vom Sitz reißt
das dürftige 0:0 gegen die Galicier niemanden. „Volltrottel”,
zischt ein älterer Herr, als Mallorcas Rechtsaußen zum wiederholten
Mal den Ball verstolpert.
Zehn Minuten vor dem Abpfiff hat das Publikum genug gesehen: Um
dem Verkehrschaos nach dem Spiel zu entgehen, machen sich die
Zuschauer in Scharen auf den Nachhauseweg. Dass es auch bei Real
Mallorca nicht immer so friedlich zugeht, davon zeugt nur der
mannshohe Plastikschlauch, den ein Ordner unbeirrt nach jedem
Schlusspfiff bis an den Spielfeldrand auseinanderfaltet: Er soll
die Mannschaften und den Schiedsrichter bei dem Weg in die Kabinen
vor Wurfgeschossen aufgebrachter Zuschauer schützen.
Am Sonntag, 17. September, spielt Real Mallorca auswärts bei
Real Saragossa (Anstoß: 20 Uhr). Das nächste Heimspiel ist am
Wochenende 23./24. September gegen Espanyol Barcelona.
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